Agrar-Streit: Ohne Bescheid wird sogar ein Strommast zum Konfliktthema

Seit 2019 streiten sich Feldkirch und die Agrargemeinschaften darum, wem die Grundstücke eigentlich gehören. Die Unsicherheit hat Folgen.
Feldkirch Seit dem Sommer 2023 wartet man in Feldkirch auf den Feststellungsbescheid des Landes. 2019 haben ÖVP, FPÖ und Neos zugestimmt, der Agrargemeinschaft 5,2 Millionen Euro für einen Notwasserbrunnen zu bezahlen. Dieser ist bis heute nicht gebaut. Denn noch im Sommer 2025 flossen Stellungnahmen und die Antworten darauf zwischen dem Land als Bescheidbehörde und der Stadt und Agrargemeinschaft Altgemeinde Altenstadt als Parteien auf der anderen Seite. Dies bestätigt das Land, man sei daher weiterhin mit der inhaltlichen und rechtlichen Würdigung sowie der Ausarbeitung des Bescheids befasst.
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Das laufende Verfahren beim Land hat jedoch Auswirkungen: “Die Stadt interveniert bei all unseren Grundstücksangelegenheiten”, ärgert sich Agrar-Obmann Robert Ess. Die Stadt ist überzeugt, Rechte am Substanzwert der Agrargemeinschaft zu haben, da es sich um atypisches Gemeindegut handle. Bestätigt fühlt man sich von Höchstgerichtsurteilen zur Rechtslage in Tirol. Entsprechend beharrt sie darauf, bei entsprechenden Rechtsgeschäften, sprich Grundstücksgeschäften und deren Belastungen, ihre Zustimmung erteilen zu müssen. “Davon sind natürlich auch viele öffentliche Projekte betroffen”, warnt Ess.
Feldkirch verlangt Mitspracherecht
So wolle die ÖBB etwa am Bahnhof Tisis auf einem Grund der Agrargemeinschaft einen Strommast um 15 Meter verschieben. “Die Dienstbarkeit besteht schon seit Jahrzehnten”, sieht Ess keine Veränderung am Substanzwert. In Laterns wolle man ein altes Stallgebäude mit der Agrargemeinschaft Rankweil gegen ein Waldstück tauschen. Und eine Grundabtretung zur Schaffung einer Interventionspiste zur Damminstandhaltung war bereits beschlossene Sache. In allen drei Projekten gebe es Widerstand der Stadt. “Wie sollen solche Aktionen im Interesse der Feldkircher Bevölkerung sein?”, ärgert sich der Agrar-Obmann. “Diese Projekte tragen zur Sicherheit, Infrastruktur und Lebensqualität der Feldkircher bei, werden aber dennoch beeinsprucht.” Nur wenn das Ansuchen auf die Belastung von der Stadt komme, etwa beim Bau eines Steinschlagschutzes entlang der L66 nach Göfis, gab es keinen Widerstand. Die Stadt will sich dazu nicht äußern, auch sie warte auf den Feststellungsbescheid.
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Streit um Mitgliederzahlen
Die Position der Stadt Feldkirch hat auch skurrilere Folgen: Die Stadt wehrte sich gegen die Statutenänderungen der Agrargemeinschaft. Bislang mussten Mitglieder verheiratet sein, künftig sollen Mitglieder auch unverheiratet sein dürfen. Die Stadt zog vor das Landesverwaltungsgericht (LVwG): Die Lockerung der Mitgliedschaftsvoraussetzungen erweitert den Kreis der Nutzungsberechtigten und habe damit Folgen auf den Überling (Ertragsüberschüsse) und Substanzwert der Grundstücke. Am 6. März wies das LVwG dies zurück. Auf Basis der derzeit gültigen Bescheide und Rechtslage ist die Stadt kein Mitglied der Agrargemeinschaft und habe damit kein Mitspracherecht, wie die Satzung auszusehen habe. Beim Verwaltungsgerichtshof gibt es Anzeichen, dass man die Ansicht des LVwG teilt. Entsprechend konnten an die 100 Mitgliedsansuchen bearbeitet werden, etwa von Kindern bisheriger Mitglieder.
Abseits davon sind die Positionen unverändert. Wenn der Bescheid im Sinne der Agrargemeinschaft ausfällt, bliebe die seit 60 Jahren bestehende Situation unverändert. Ess hofft, dass es dann wieder zu einem guten Miteinander käme. Schließlich koste der Rechtsstreit beiden Seiten viel Geld und Nerven.