100 Jahre Groß-Feldkirch: Neues Buch mit vielen bislang unbekannten Perspektiven

Vorarlberg / 18.11.2025 • 16:30 Uhr
100 Jahre Groß-Feldkirch: Neues Buch mit vielen bislang unbekannten Perspektiven
Christoph Volaucnik, früherer Stadtarchivar, hat das 400-Seiten-Werk mit auf den Weg gebracht: Historiker, Chronisten und Nachfahren beleuchten die Entwicklung der Stadtteile, erzählen bislang unbekannte Geschichten. Foto: 100 Jahre Groß-Feldkirch, VN/Serra

Ein Lehrer aus Gisingen wandert um 1900 nach Amerika aus und blickt Jahrzehnte später auf seine Jugend im alten Feldkirch zurück. Seine Geschichte ist eine von vielen im neuen Buch “100 Jahre Groß-Feldkirch 1925 bis 2025”, das mit rund 400 Seiten ein eindrucksvolles Porträt der Stadt und ihrer Ortsteile zeichnet.

Darum geht’s:

  • Buch beleuchtet 100 Jahre Geschichte von Groß-Feldkirch.
  • Zahlreiche Autoren arbeiteten an diesem 400-Seiten-Werk.
  • Themen: Geschichte, Architektur, Gesellschaft, “Gründungsväter”.

Feldkirch Gisingen, Ende des 19. Jahrhunderts: Pankraz Tiefenthaler, Lehrer von Beruf, packt seine wenigen Habseligkeiten und wandert nach Amerika aus. Jahrzehnte später erinnert er sich in einer bewegenden Autobiografie an seine Jugend in Alt-Gisingen – an die Schule, die Landwirtschaft, das einfache Leben – und an seine ersten Schritte in der Neuen Welt. Seine Nachkommen besuchen viele Jahre später den Geburtsort ihres Vorfahren.

100 Jahre Groß-Feldkirch: Neues Buch mit vielen bislang unbekannten Perspektiven
Tiefenthaler-Park: In der US-Stadt Milwaukee, Wisconsin, ist ein Park nach der Gisinger Auswandererfamilie benannt.Matthias Nägele
100 Jahre Groß-Feldkirch: Neues Buch mit vielen bislang unbekannten Perspektiven
Pankraz Tiefenthaler und seine Frau Clara bei der goldenen Hochzeit 1922. Matthias Nägele

Dass diese Erinnerung heute wieder zugänglich ist, ist dem Gisinger Ortschronisten Matthias Nägele zu verdanken. Und es ist eine von vielen Geschichten, die im neuen Buch “100 Jahre Groß-Feldkirch 1925 bis 2025”, herausgegeben von der Rheticus-Gesellschaft, lebendig werden.

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400 Seiten starkes Werk

Christoph Volaucnik, früherer Stadtarchivar und Wegbegleiter des Projekts, hat das Buch gemeinsam mit zahlreichen Mitwirkenden, darunter auch Russ-Preisträger Meinrad Pichler, auf den Weg gebracht.

100 Jahre Groß-Feldkirch: Neues Buch mit vielen bislang unbekannten Perspektiven
Zwei Jahre lang dauerten die Arbeiten für das neue Werk, über ein Dutzend Autoren arbeiteten daran. VN/Serra
100 Jahre Groß-Feldkirch: Neues Buch mit vielen bislang unbekannten Perspektiven
Meinrad Pichler steuerte eine Liste der Feldkircher Auswanderer bei.VN/Serra

“Uns war wichtig, nicht nur zu erzählen, wie die Ortsteile 1925 zur Stadt kamen”, sagt Volaucnik. “Wir wollten zeigen, was seither in ihnen gewachsen ist.” Denn der historische Zusammenschluss – damals vereinigten sich Altenstadt, Gisingen, Levis, Nofels, Tisis und Tosters mit dem Stadtkern – war mehr als nur ein Verwaltungsakt. Er veränderte das Gesicht der Montfortstadt für immer.

100 Jahre Groß-Feldkirch: Neues Buch mit vielen bislang unbekannten Perspektiven
Blick vom Margarethenkapf auf Feldkirch, um 1885. Bildmitte unten: die alte Heiligkreuzbrücke.
Amateuraufnahme von V[iktor] H[ämmerle], Schattenburgmuseum Feldkirch, Sammlung Winkler. Foto: Gerhard Beer.

Fast zwei Jahre dauerten die Recherchen und Vorarbeiten für das über 400 Seiten starke Werk. Die Redaktion übernahm Dr. Dieter Petras, der auch Kapitel zur Bevölkerungsentwicklung und den Gemeindewahlen seit 1925 verfasste. Insgesamt waren über ein Dutzend Autorinnen und Autoren beteiligt. Für jeden Ortsteil gibt es im Buch ein eigenes Kapitel, ergänzt durch thematische Beiträge zu Architektur, Klima, Gesellschaft oder Religion.

Neues Buch "100 Jahre Groß Feldkirch",
Das verheerende Hochwasser in der Feldkircher Marktgasse 1910.Stadtarchiv Feldkirch

In Tosters etwa zeichnet Rainer Bayer die Geschichte der Vereinigungsbrücke nach – dem baulichen Symbol der Eingemeindung. Zahlreiche historische Fotos zeigen das große Eröffnungsfest am 18. Mai 1930 der Vereinigungsbrücke, die die Gemeinden Feldkirch, Altenstadt, Tosters und Tisis verband.

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Die Vereinigungsbrücke erinnert heute noch an den Zusammenschluss von Altenstadt, Tisis
und Tosters mit der Stadtgemeinde Feldkirch vor 100 Jahren.
Neues Buch "100 Jahre Groß Feldkirch",
Das Leergerüst für die Vereinigungsbrücke. Stadtarchiv Feldkirch
Neues Buch "100 Jahre Groß Feldkirch",
1927: Baubeginn der Vereinigungsbrücke in der Kapfschlucht. Im Hintergrund die provisorische Brücke nach Tosters und die Eisenbahnbrücke.Stadtarchiv Feldkirch

100 Jahre Groß-Feldkirch: Neues Buch mit vielen bislang unbekannten Perspektiven
Eröffnung Vereinigungsbrücke 1927.
Familien Perkmann und Gohm, Innsbruck
Neues Buch "100 Jahre Groß Feldkirch",
Aufruf zur finanziellen Unterstützung des Kapfstraßenprojekts in der Feldkircher Zeitung am 28. Juni 1884.

“In Tisis und Levis musste auf alte Zeitungsberichte und private Quellen zurückgegriffen werden, da es dort keine eigenen Archive gibt”, erklärt Volaucnik. Nofels war ein ganz eigener Sonderfall: Aufgrund der außergewöhnlichen Vereinsdichte des Ortes geben deren Protokolle Einblick in den Zusammenschluss.

Neues Buch "100 Jahre Groß Feldkirch",
Der mit NS-Flaggen geschmückte Marktplatz in Feldkirch.
Stadtarchiv Feldkirch

Für Altenstadt trug der Heimatkundeverein mit Werner Schatzmann ein bisher unveröffentlichtes Manuskript von Postmeister Eduard Berchtold bei. “Ein glühender Altenstädter Patriot”, wie Volaucnik schmunzelnd sagt: “Und nicht unbedingt ein Freund der Stadtvereinigung.”

100 Jahre Groß-Feldkirch: Neues Buch mit vielen bislang unbekannten Perspektiven
Christoph Volaucnik im Gespräch mit den VN.VN/Serra

Einen besonderen Fokus legt das Buch auf die “Gründungsväter” der Stadtvereinigung. Bürgermeister Anton Gohm, ein Mann mit markantem Bart und politischem Weitblick, wurde von Fremdenführerin Marion Marte gemeinsam mit Gohms Enkelin porträtiert: “In diesem Beitrag wird eine Welt gezeigt, die längst vergangen ist”, sagt Volaucnik.

Neues Buch "100 Jahre Groß Feldkirch",
Anton Gohm (1878–1955) gilt neben Johann Kühne als Gründungsvater der Stadt.Familien Perkmann und Gohm, Innsbruck

Neben biografischen Beiträgen und Ortsteilgeschichten widmet sich das Buch weiteren Aspekten: Gerhard Wanner, Volaucniks Vorgänger als Stadtarchivar, schildert die Rolle der Frauen im Jahr 1925 auf Basis von Unterlagen aus dem Familienarchiv. Michael Fliri dokumentiert die Entwicklung des kirchlichen Lebens, Richard Werner analysiert die Wetterdaten Feldkirchs der letzten 100 Jahre. “Dieses Buch ist nur möglich geworden, weil so viele mit Herzblut dabei waren”, betont Volaucnik.

Neues Buch "100 Jahre Groß Feldkirch",
Winter in Feldkirch 1955.Sammlung Risch-Lau, Vorarlberger Landesbibliothek

Was für den langjährigen Stadtarchivar die Höhepunkte der 100-jährigen Geschichte Großfeldkirchs sind? Für Volaucnik ist das schwer zu sagen – zu vielfältig sei die Entwicklung gewesen. “Dem Ruf als Schul- und Schutzstadt ist Feldkirch gerecht geworden”, sagt er. Es sei “unglaublich viel investiert worden – in Schulen, Kindergärten, vor allem aber in das medizinische Krankenhaus.” Besonders rasant ist das Bevölkerungswachstum von 15.000 auf heute 40.000 Einwohner gewesen. Und obwohl heute alle Ortsteile zur Stadt gehören, ist die Identifikation geblieben.

100 Jahre Groß-Feldkirch: Neues Buch mit vielen bislang unbekannten Perspektiven
Am Donnerstag, 20. November, um 19 Uhr wird das Werk im Palais Liechtenstein vorgestellt.

Buchpräsentation
Das Buch „100 Jahre Groß-Feldkirch 1925 bis 2025“ erscheint in der Schriftenreihe der Rheticus-Gesellschaft.
Buchpräsentation: Donnerstag, 20. November um 19 Uhr im Palais Liechtenstein.

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