100 Jahre Groß-Feldkirch: Neues Buch mit vielen bislang unbekannten Perspektiven

Ein Lehrer aus Gisingen wandert um 1900 nach Amerika aus und blickt Jahrzehnte später auf seine Jugend im alten Feldkirch zurück. Seine Geschichte ist eine von vielen im neuen Buch “100 Jahre Groß-Feldkirch 1925 bis 2025”, das mit rund 400 Seiten ein eindrucksvolles Porträt der Stadt und ihrer Ortsteile zeichnet.
Darum geht’s:
- Buch beleuchtet 100 Jahre Geschichte von Groß-Feldkirch.
- Zahlreiche Autoren arbeiteten an diesem 400-Seiten-Werk.
- Themen: Geschichte, Architektur, Gesellschaft, “Gründungsväter”.
Feldkirch Gisingen, Ende des 19. Jahrhunderts: Pankraz Tiefenthaler, Lehrer von Beruf, packt seine wenigen Habseligkeiten und wandert nach Amerika aus. Jahrzehnte später erinnert er sich in einer bewegenden Autobiografie an seine Jugend in Alt-Gisingen – an die Schule, die Landwirtschaft, das einfache Leben – und an seine ersten Schritte in der Neuen Welt. Seine Nachkommen besuchen viele Jahre später den Geburtsort ihres Vorfahren.


Dass diese Erinnerung heute wieder zugänglich ist, ist dem Gisinger Ortschronisten Matthias Nägele zu verdanken. Und es ist eine von vielen Geschichten, die im neuen Buch “100 Jahre Groß-Feldkirch 1925 bis 2025”, herausgegeben von der Rheticus-Gesellschaft, lebendig werden.
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400 Seiten starkes Werk
Christoph Volaucnik, früherer Stadtarchivar und Wegbegleiter des Projekts, hat das Buch gemeinsam mit zahlreichen Mitwirkenden, darunter auch Russ-Preisträger Meinrad Pichler, auf den Weg gebracht.


“Uns war wichtig, nicht nur zu erzählen, wie die Ortsteile 1925 zur Stadt kamen”, sagt Volaucnik. “Wir wollten zeigen, was seither in ihnen gewachsen ist.” Denn der historische Zusammenschluss – damals vereinigten sich Altenstadt, Gisingen, Levis, Nofels, Tisis und Tosters mit dem Stadtkern – war mehr als nur ein Verwaltungsakt. Er veränderte das Gesicht der Montfortstadt für immer.

Amateuraufnahme von V[iktor] H[ämmerle], Schattenburgmuseum Feldkirch, Sammlung Winkler. Foto: Gerhard Beer.
Fast zwei Jahre dauerten die Recherchen und Vorarbeiten für das über 400 Seiten starke Werk. Die Redaktion übernahm Dr. Dieter Petras, der auch Kapitel zur Bevölkerungsentwicklung und den Gemeindewahlen seit 1925 verfasste. Insgesamt waren über ein Dutzend Autorinnen und Autoren beteiligt. Für jeden Ortsteil gibt es im Buch ein eigenes Kapitel, ergänzt durch thematische Beiträge zu Architektur, Klima, Gesellschaft oder Religion.

In Tosters etwa zeichnet Rainer Bayer die Geschichte der Vereinigungsbrücke nach – dem baulichen Symbol der Eingemeindung. Zahlreiche historische Fotos zeigen das große Eröffnungsfest am 18. Mai 1930 der Vereinigungsbrücke, die die Gemeinden Feldkirch, Altenstadt, Tosters und Tisis verband.

und Tosters mit der Stadtgemeinde Feldkirch vor 100 Jahren.



Familien Perkmann und Gohm, Innsbruck

“In Tisis und Levis musste auf alte Zeitungsberichte und private Quellen zurückgegriffen werden, da es dort keine eigenen Archive gibt”, erklärt Volaucnik. Nofels war ein ganz eigener Sonderfall: Aufgrund der außergewöhnlichen Vereinsdichte des Ortes geben deren Protokolle Einblick in den Zusammenschluss.

Stadtarchiv Feldkirch
Für Altenstadt trug der Heimatkundeverein mit Werner Schatzmann ein bisher unveröffentlichtes Manuskript von Postmeister Eduard Berchtold bei. “Ein glühender Altenstädter Patriot”, wie Volaucnik schmunzelnd sagt: “Und nicht unbedingt ein Freund der Stadtvereinigung.”

Einen besonderen Fokus legt das Buch auf die “Gründungsväter” der Stadtvereinigung. Bürgermeister Anton Gohm, ein Mann mit markantem Bart und politischem Weitblick, wurde von Fremdenführerin Marion Marte gemeinsam mit Gohms Enkelin porträtiert: “In diesem Beitrag wird eine Welt gezeigt, die längst vergangen ist”, sagt Volaucnik.

Neben biografischen Beiträgen und Ortsteilgeschichten widmet sich das Buch weiteren Aspekten: Gerhard Wanner, Volaucniks Vorgänger als Stadtarchivar, schildert die Rolle der Frauen im Jahr 1925 auf Basis von Unterlagen aus dem Familienarchiv. Michael Fliri dokumentiert die Entwicklung des kirchlichen Lebens, Richard Werner analysiert die Wetterdaten Feldkirchs der letzten 100 Jahre. “Dieses Buch ist nur möglich geworden, weil so viele mit Herzblut dabei waren”, betont Volaucnik.

Was für den langjährigen Stadtarchivar die Höhepunkte der 100-jährigen Geschichte Großfeldkirchs sind? Für Volaucnik ist das schwer zu sagen – zu vielfältig sei die Entwicklung gewesen. “Dem Ruf als Schul- und Schutzstadt ist Feldkirch gerecht geworden”, sagt er. Es sei “unglaublich viel investiert worden – in Schulen, Kindergärten, vor allem aber in das medizinische Krankenhaus.” Besonders rasant ist das Bevölkerungswachstum von 15.000 auf heute 40.000 Einwohner gewesen. Und obwohl heute alle Ortsteile zur Stadt gehören, ist die Identifikation geblieben.

Buchpräsentation
Das Buch „100 Jahre Groß-Feldkirch 1925 bis 2025“ erscheint in der Schriftenreihe der Rheticus-Gesellschaft.
Buchpräsentation: Donnerstag, 20. November um 19 Uhr im Palais Liechtenstein.