Vorarlberger plant Boulderhalle in Kirche – “Der Funke ist gleich übergesprungen”

Vorarlberg / 26.11.2025 • 07:00 Uhr
Vorarlberger plant Boulderhalle in Kirche – "Der Funke ist gleich übergesprungen"
Neue, unkonventionelle Kooperation: Der Innsbrucker Diözesanbischof Hermann Glettler und Kletterhallen-Betreiber Guntram Mattle hatten die gleiche Vision. Fotos: Steinblock/G. STrolz, Wikicommons, CC BY-SA 4.0

In Tirol wird eine Kirche zur Kletterhalle: Realisiert wird das ungewöhnliche Projekt von dem Vorarlberger Guntram Mattle. Doch ist so etwas auch in Vorarlberg denkbar? Die VN haben nachgefragt.

Darum geht’s:

  • Innsbrucker Diözese plant Boulderhalle in Kirche Petrus Canisius.
  • Guntram Mattle übernimmt Projekt mit 50-jährigem Baurecht.
  • Boulderfläche und Gastronomie für bis zu 150 Personen geplant.

Innsbruck, Feldkirch In Großbritannien feiern Nachtschwärmer bereits seit Jahren in Kirchen, in Portugal schlafen Touristen in ehemaligen Klöstern und in Deutschland beherbergt die St.-Konrad-Kirche in Rheine seit 2019 ein Fitnessstudio namens “The Church – Sports & More”. Nun zieht die Tiroler Hauptstadt Innsbruck nach: Die Kirche Petrus Canisius im Stadtteil Höttinger Au soll bald auch als Boulderhalle genutzt werden. Maßgeblich beteiligt an dieser unkonventionellen Kooperation von Kirche und Freizeitsport ist ein Vorarlberger.

“Funke ist übergesprungen”

Guntram Mattle (37) betreibt mit seinem Unternehmen Steinblock bereits drei Standorte in Dornbirn, Rankweil und Imst. “Wir suchen schon sehr lange einen Standort in Innsbruck, das zwar als Kletterhauptstadt Europas gilt, aber keine privat geführte Boulderhalle hat.” Dies soll sich nun ändern. Noch diese Woche sollen die Pläne bei den zuständigen Behörden eingereicht werden, der Firma Steinblock wird ein 50-jähriges Baurecht an dem Kirchengebäude eingeräumt. “Im späten Frühjahr soll mit dem Bau begonnen werden und im Spätherbst 2026 alles fertiggestellt sein”, erklärt der Nüziger im Gespräch mit den VN. “Der Funke ist gleich übergesprungen, wir hatten auf Anhieb die gleiche Vision für diesen besonderen Ort.”

Vorarlberger plant Boulderhalle in Kirche – "Der Funke ist gleich übergesprungen"
Der 37-Jährige betreibt bereits drei Kletterhallen in Dornbirn, Rankweil und Imst. In Innsbruck suchte er seit Jahren nach einem Standort. Steinblock/G. Strolz

Auf rund 600 Quadratmetern Boulderfläche soll künftig gebouldert – also Klettern in Absprunghöhe ohne Seil, auf Weichbodenmatten – werden. Zur Boulderhalle für 100 bis 150 Personen im Kirchenraum kommt ein Zubau für die künftige Gastronomie mit je 50 Sitzplätzen im Innenraum und Gastgarten.

“Eine Ausnahme”

Möglich wird das durch die Umnutzung des Kirchenraums im ersten Stock, der zuvor offiziell profaniert – also entweiht – wird. Die Idee dürfe auch österreichweit ausstrahlen, betonte Innsbrucks Diözesanbischof Hermann Glettler bei der Präsentation der Pläne Anfang der Woche. Keinesfalls solle damit aber eine “Serie von Kirchenraum-Umwidmungen beginnen”, stellte der Bischof klar und nannte das Projekt “eine Ausnahme”.

Vorarlberger plant Boulderhalle in Kirche – "Der Funke ist gleich übergesprungen"
Bouldern erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Steinblock

Die Diözese Innsbruck reagiert damit nach eigenen Angaben auf strukturelle Veränderungen und finanzielle Herausforderungen bei der Erhaltung großer Sakralbauten. Über solche Eingriffe ließe sich aber ohnehin nur bei Kirchen der Nachkriegszeit nachdenken. Die Nutzung sei “ein Glücksfall” – auch dank der Kooperation mit dem Vorarlberger Kletterhallen-Spezialisten. Glettler sieht das Projekt als Möglichkeit, neue Zielgruppen anzusprechen, ohne den spirituellen Charakter zu verlieren. Künftig soll es im Erdgeschoss sowie in der benachbarten Pfarrkirche weiterhin Gottesdienste geben.

Vorarlberger plant Boulderhalle in Kirche – "Der Funke ist gleich übergesprungen"
Diözesanbischof Glettler und Mattle setzen auf eine kreative Nachnutzung des Sakralraums, ohne dessen spirituellen Charakter zu verlieren. In der Kirche sollen bald bis zu 150 Personen klettern können. Steinblock/G. Strolz

Der Sakralbau des Architekten Horst Parson – von 1968 bis 1972 errichtet – würde sich sehr gut eignen, sagte Glettler. Bei der Kirche handelt es sich um einen flach gedeckten, turmlosen Zentralbau. Die Pläne stammen von Architektin Judith Widauer, die den ausgeschriebenen Wettbewerb für sich entschied. Die Kletterwände befinden sich 30 Zentimeter über dem Boden, um schwebend zu wirken. Der Altarbereich soll geschützt bleiben.

Vorarlberger plant Boulderhalle in Kirche – "Der Funke ist gleich übergesprungen"
Die Kirche Petrus Canisius im Innsbrucker Stadtteil Höttinger Au soll ab 2026 als Boulderhalle genutzt werden. Das Pilotprojekt sorgt österreichweit für Aufmerksamkeit. Wikicommons / CC BY-SA 4.0

Für Guntram Mattle, Kenner der Tiroler Kletterszene und ehemaliger Student in Innsbruck, ist das Vorhaben auch aus energetischer Sicht ein Vorzeigeprojekt. Die gesamte Haustechnik soll mit ökologisch nachhaltigem Konzept samt Grundwasserbrunnen zur Kühlung und Heizung erneuert werden: “Das System verbraucht wenig Strom und senkt die laufenden Betriebskosten”, erklärt der Unternehmer. Insgesamt werden von dem Unternehmer etwa 1,5 bis 2 Millionen Euro investiert. Für ihn ist das neuartige Projekt auch ein strategischer Meilenstein: “Mit dem Schritt wird Steinblock das größte Boulderunternehmen Westösterreichs sein.”

Keine Boulder-Kirche für Vorarlberg geplant

Und wie steht die Diözese Feldkirch zu der Idee, Kirchenräume kreativ umzunutzen? Diözesanbaumeister Markus Fulterer winkt ab: In Vorarlberg sei derzeit kein vergleichbares Projekt geplant oder notwendig – alle Gotteshäuser würden gebraucht. “Ich bin dankbar, dass es in unserer Diözese viele Menschen gibt, die sich in den Pfarren engagieren und unsere Kirchen als Orte des gelebten Glaubens lebendig halten.” Wenn eine Weitergabe in der Vergangenheit sinnvoll war, sei das stets im kirchlichen Kontext erfolgt, etwa bei der Frauenkirche in Feldkirch, die heute einer orthodoxen Gemeinde dient.

Vorarlberger plant Boulderhalle in Kirche – "Der Funke ist gleich übergesprungen"
Diözesanbaumeister Markus Fulterer: “. Aktuell gibt es in Vorarlberg kein Gotteshaus, das nicht gebraucht wird oder für das eine alternative Nutzung in Betracht gezogen werden müsste.” VN/Serra

“Unser vorrangiges Anliegen ist es, den einzigartigen Charakter von Kirchenräumen als Orte des Gebets, der Liturgie, der Stille und der erlebbaren Gemeinschaft zu erhalten”, sagt Fulterer. Kreativen Nutzungen steht die Diözese dennoch offen gegenüber, sofern sie gut begründet und in engem Dialog mit den Gemeinden entwickelt werden. Als gelungenes Beispiel nennt Fulterer die Johanniterkirche in Feldkirch, die sich zu einem Ort für den Dialog von Kunst und Kirche entwickelt hat.

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