Entscheidung naht: Dunkle Wolken über umstrittener Luxus-Alpe

Vorarlberg / 28.11.2025 • 12:26 Uhr
Entscheidung naht: Dunkle Wolken über umstrittener Luxus-Alpe
Bürgermeister Martin Bereuter (re.) hat den “Sündenfall Alpe Krähenberg” geerbt. Er sieht einen Rückbau der Wohnflächen als alternativlos. VN/Steurer, VN/Gasser

Kein gültiger Baubescheid, zu groß und zu luxuriös: Alpe Krähenberg in Sibratsgfäll droht Rückbau oder Abbruch. Behördliche Verfahren sind auf der Zielgeraden.

Sibratsgfäll Für viele Monate war die Alpe Krähenberg aus den Schlagzeilen verschwunden. Ein Rückblick. Volksanwalt Klaus Feurstein hatte in einem umfangreichen Prüfverfahren erhebliche Missstände aufgedeckt und den Fall ins Rollen gebracht. Anfang 2024 haben VN-Recherchen dann in vielen Details einen baulichen Sündenfall dokumentiert, den es so in Vorarlberg kein zweites Mal gibt. Anstelle eines gewöhnlichen Alpgebäudes wurde am Rande eines idyllischen Hochmoors eine “Alpe de Luxe” errichtet – ein halbes Dutzend Zimmer im Stil edler Suiten, dazu eine 100-Quadratmeter-Dachwohnung. Gebaut wurde nach Lust und Laune, wie mittlerweile auch behördlich festgestellt wurde. Statt 195 Quadratmeter Wohnfläche wurden 391 Quadratmeter geschaffen. Für das Gebäude gibt es jedenfalls keinen gültigen Baubescheid, dafür ein juristisches Hickhack. Alpeigentümer gegen Behörden: Es geht um Millionen und um Rechtmäßigkeit.

Alpe de luxe am Krähenberg in Sibratsgfäll.
Luxus-Alpe Krähenberg: Ein Rückbau würde die Wohnflächen betreffen. Laut VN-Informationen könnte dies die beiden oberen Stockwerke mit einer Vielzahl an Zimmern sowie einer edlen Dachwohnung betreffen. Die Räume müssen unzugänglich gemacht werden. Handout/Spiegelfeld Immobilien

Lange hatte niemand hingeschaut, einige wohl bewusst weggesehen. Das war einmal. Martin Bereuter ist seit 2015 Bürgermeister in Sibratsgfäll und Baubehörde erster Instanz. Er hat auszubaden, was ihm sein Vorgänger im Amt mit der Alpe Krähenberg einst eingebrockt hat. Fehler würden jetzt nicht durch neue Fehler wieder gutgemacht, kündigt er ein Vorgehen nach den Buchstaben des Gesetzes an. Keine guten Nachrichten für die umstrittene Luxus-Alpe. “Wir brauchen einen Weg, der rechtlich korrekt ist. Alles andere geht nicht”, so der Ortschef und spricht aus, was bisher so noch niemand tat. “Ein Rückbau der Wohnfläche wird unumgänglich sein.” Er halte dieses Szenario jedenfalls als alternativlos, wenngleich die noch laufenden Verfahren abzuwarten seien. VN-Recherchen lassen den Schluss zu, dass dies keine Einzelmeinung ist. Die involvierten Behörden dürften zu einem ähnlichen Schluss kommen. Selbst eine “Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands” ist längst nicht mehr ausgeschlossen. Das würde einen Abbruch bedeuten.

Martin Bereuter Bürgermeister
Bürgermeister Martin Bereuter im bescheiden eingerichteten Büro des Gemeindeamtes. Anwälte gaben sich hier zuletzt die Klinke in die Hand. VN/Gasser

Im bescheiden eingerichteten Büro des Bürgermeisters gaben sich zuletzt Anwälte die Klinke in die Hand. Gekommen waren Vertreter der Eigentümer und Kaufinteressenten. Der Ton, mitunter rau, wie Bürgermeister Bereuter beschreibt. Es geht um den Fall der Fälle – also Rückbau oder Abbruch und allfällige Schadenersatzansprüche. Die VN haben bei Wilhelm Klagian, Eigentümervertreter des einstigen Bauherrs nachgefragt. “Sollte auch nur ein Ziegel entfernt werden müssen, werden wir eine Amtshaftungsklage einbringen, bei Abbruch über mindestens 4,5 Millionen Euro.” Damit sei es im Falle, dass die Behörden deren Absichten umsetzen würden, aber mit Sicherheit nicht getan. Bildlich beschreibt er ein Säen von Wind und Ernten von Sturm. Das treffe es ganz gut. “Die Behörden haben böse Absichten, die negativen Konsequenzen ihrer Taten werden folgen.”

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Der Karren scheint ziemlich verfahren. Einschüchtern lässt sich Bürgermeister Bereuter aber nicht. “Wo ist bisher ein Schaden entstanden?”, fragt er. “Sicherlich nicht dafür, dass jemand illegal über viele Jahre ein Gebäude nutzen konnte”, fährt er fort. Der Bürgermeister gelassen: “Die Gemeinde steht in keiner Weise in der Verantwortung. Ich lasse mir also auch nicht drohen.” Für ihn sei das ohnedies nur ein Zeichen der Schwäche. Schließlich würden die Fakten auf der Hand liegen. “Für eine Bewilligung ist eine landwirtschaftliche Notwendigkeit Voraussetzung.” Und bei einer ortsüblichen Bewirtschaftung wird es diese Alpe nicht brauchen.”

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Ein schlüssiges Betriebskonzept scheint es bis heute jedenfalls nicht zu geben. Dabei ist der Ideenreichtum der Eigentümer groß. Jagdliche Widmungen waren ebenso bereits im Gespräch wie jetzt zum bestehenden Konzept der Zusatz “Urlaub am Bauernhof”. Weil eine Frist noch bis 5. Dezember läuft, wollen derzeit in der Sache weder Behörde noch der Eigentümer-Vertreter Stellung beziehen.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Bagger könnten dennoch schon bald auffahren. Für zumindest eine Garage soll bereits ein Abbruchbescheid erteilt worden sein. Ein langwieriges Verfahren bis zum Landesverwaltungsgericht ist zu erwarten. Dunkle Wolken also, die über der Luxus-Alpe hängen.

Causa Alpe Krähenberg

Kauf der Alpe: 2009 kaufte der Werber Richard Morscher die Alpe Krähenberg gemeinsam mit einem Egger Landwirt. Aufgegleist wurde der Kauf von gut vernetzten Anwälten im Bregenzerwald. Der Neubau der Alpe erfolgte 2012. Realisiert wurde ein Gebäude mit deutlich mehr Wohnfläche als bewilligt.

Verkauf der Alpe: 2022 hat der Industrielle Christian Beer einen Kaufvertrag für die Alpe unterzeichnet. Kolportierte Kaufsumme: 6,25 Millionen Euro. Der Kauf wurde aber bisher nicht genehmigt. Der Vertrag soll eine Ausstiegsklausel beinhalten. Auf VN-Anfrage gab es dazu von Eigentümervertreter Wilhelm Klagian keine Stellungnahme.

Ermittlungsverfahren: Landesvolksanwalt Klaus Freurstein hat 2023/2024 in einem Ermittlungsverfahren gravierende Missstände festgestellt. In der Folge wurde von der Baurechtsverwaltung Bregenzerwald bestätigt, dass es für das Gebäude keinen gültigen Baubescheid gibt. Gegen den früheren Bürgermeister Konrad Stadelmann hat unterdessen die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs eingeleitet. Es gilt die Unschuldsvermutung.