„Meine Uhr hat gesagt, ich muss das tun“

Vorarlberg / HEUTE • 10:00 Uhr
„Meine Uhr hat gesagt, ich muss das tun“
“Man merkt, dass immer mehr Menschen Bewegung machen, aber manche lassen sich zu sehr leiten von den Uhren”, berichtet Günter Ernst.

Sportuhren sind praktisch, sie können allerdings auch negative Auswirkungen haben, sagt der Experte.

Schwarzach Sie messen die Herzfrequenz, erfassen Streckendaten, ermitteln den Kalorienverbrauch, zählen Schritte, analysieren den Schlaf oder das Stressniveau. Millionen Menschen tragen mittlerweile eine Sportuhr am Handgelenk. Doch wie smart sind die kleinen Computer wirklich? Günter Ernst (54) ist Experte für Leistungsdiagnostik und Lauf- und Bewegungsanalyse. Auch er sagt: Sportuhren hätten viele praktische Funktionen, die das Training unterstützen können, schiebt allerdings zugleich auch ein großes „Aber“ nach. „Zu mir kommen vermehrt Leute, die sagen, die Uhr hat gesagt, du musst das und das tun. Man merkt, dass immer mehr Menschen Bewegung machen, aber manche lassen sich zu sehr leiten von den Uhren. Das Hauptproblem entsteht, wenn jemand von Grund auf einen höheren Puls hat“, erläutert er.

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Die Uhren arbeiten mit Algorithmen. APA

Der Knackpunkt liegt laut Ernst in der Funktionsweise. Die Uhren arbeiten mit Algorithmen und Durchschnittsmodellen und erstellen auf dieser Basis Trainingsempfehlungen. „Das ist gut für Trends, aber sie kennen deine tatsächlichen Schwellen nicht. Wenn jemand einfach einen höheren Puls hat, dann können sie eigentlich nicht damit umgehen“, verdeutlicht der Experte. Die Folge: Das Training bleibt durch die zu geringen Belastungsvorgaben erfolglos. Es stellt sich kein Fortschritt ein. „Das Training wirkt nur dann, wenn die Intensität stimmt. Wer dauerhaft zu locker oder zu hart trainiert, stagniert oder riskiert Überlastungen“, ergänzt Ernst.

„Meine Uhr hat gesagt, ich muss das tun“
Günter Ernst in Aktion. VN

Der Puls gilt als einer der entscheidenden Messwerte für die Trainingsintensität, mit der die besten Ergebnisse erzielt werden. Bei einem Wert von 50 bis 60 Prozent der maximalen Pulsfrequenz befinden sich Sportler in der sogenannten Gesundheitszone. Anschließend geht der Körper in die Fettverbrennungszone (60 bis 70 Prozent des Maximalpulses) über, dann in die aerobe Zone (70 bis 80 Prozent des Maximalpulses) und in die anaerobe Zone (80 bis 90 Prozent des Maximalpulses). „Man muss erst einmal sein Maximum kennen und in die Uhr eingeben, ansonsten rechnet sich die Uhr das selbst aus. Aber wenn du nie oder nicht oft an dein Maximum gehst, dann weiß sie das natürlich nicht. Und wenn die falschen Trainingszonen hinterlegt sind, werden immer die falschen Trainingsvorgaben erstellt“, bemerkt der erfahrene Sportler. Allen, die es genau wissen möchten, empfiehlt Günter Ernst eine Leistungsdiagnostik. „Sportuhren und Fitnesstracker können wertvolle Hilfsmittel sein, aber sie ersetzen keine professionelle Analyse oder die persönliche Wahrnehmung des Körpers.“