Friedhof für gebrauchte Kleidung

Welt / 17.12.2021 • 22:21 Uhr
In China produziert, in Europa oder den USA konsumiert und in Chile entsorgt. Zigtausende Tonnen alter Kleider stapeln sich in dem einzigartigen Naturparadies. AFP
In China produziert, in Europa oder den USA konsumiert und in Chile entsorgt. Zigtausende Tonnen alter Kleider stapeln sich in dem einzigartigen Naturparadies. AFP

In Chiles Atacama-Wüste wächst ein gigantischer Textilienberg.

Santiago De Chile Alle paar Jahre, wenn besonders viel Regen fällt, verwandelt sich der trockenste Ort der Welt in eine Art blau-lila Blütenmeer. Die Farbtupfer, die sich nun bei Alto Hospicio durch die Atacama-Wüste im Norden Chiles ziehen, sind jedoch keine duftenden Blumen, sondern gebrauchte Kleidung. Tausende Hosen, T-Shirts und Pullover stapeln sich und verschandeln die hügelige Landschaft.

Chile ist einer der größten Importeure von Altkleidern in Lateinamerika. In der nahe gelegenen Freihandelszone von Iquique kamen in diesem Jahr bis Oktober 29.178 Tonnen gebrauchter Kleidung an, wie der Geschäftsführer des Verbandes der dort ansässigen Unternehmer, Darío Blanco, sagt.

Ballenweise wird die Ware im Hafen entladen. Etwa 50 Importeure verkaufen die besten Stücke daraus, die anderen – schätzungsweise 40 Prozent – sortieren sie aus. „Diese Kleidung wird in den Bergen unserer Gemeinde entsorgt“, sagt Alto Hospicios Umweltbeauftragter Edgar Ortega.

Die größte Herausforderung für die Modeindustrie sei die Abfallmenge, die durch Fast Fashion entsteht, heißt es in einer Mitteilung der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Die Bewohner von Alto Hospicio sehen sich dabei als Ende einer Kette, bei der in China produziert, in Europa oder den USA konsumiert und in Chile entsorgt wird.

Die Stadt ist laut Ortega finanziell und personell kaum in der Lage, das Abladen zu verhindern, geschweige denn die Mülldeponie zu beseitigen. Gerade einmal fünf Inspektoren würden versuchen, jene zu erwischen, die die Altkleider in die Wüste kippen. „Das Problem entsteht viel früher“, sagt Ortega. Dadurch, dass die Kleidung aus anderen Ländern nicht als Textilmüll deklariert ist, sei nicht klar, wie die aussortierte Importware entsorgt werden soll. „Solange das nicht gelöst ist, werden wir die Situation nicht ändern.“