Londoner Polizei am Pranger

Scotland Yard ermittelt in über 600 Fällen gegen eigene Mitarbeiter.
london Nach einer Serie von Skandalen um Rassismus und Frauenfeindlichkeit bei der Londoner Polizei kommt ein unabhängiger Untersuchungsbericht zu einem vernichtenden Urteil: Beamte, die gegen das Gesetz verstoßen, müssen in der britischen Hauptstadt nur selten mit Konsequenzen rechnen.
Die unabhängige Ermittlerin Louise Casey stellte gestern ihren Zwischenbericht vor, in dem sie zahlreiche Mängel bei der größten Polizeitruppe Großbritanniens auflistete. „Es dauert zu lange, bis die Fälle geklärt sind, Anschuldigungen werden eher abgewiesen als bearbeitet, die Belastung für diejenigen, die Bedenken äußern, ist zu groß“, schrieb die Ermittlerin in einem Brief an den Londoner Polizeichef Mark Rowley. Zudem gebe es ein deutliches Gefälle im System: Mit weißen Beamten werde weniger streng umgegangen als mit schwarzen oder asiatischstämmigen Beamten. Ihren vollständigen Bericht will die Ermittlerin im kommenden Jahr vorlegen.
Im vergangenen Jahr wurde ein Polizeibeamter wegen der Entführung, Vergewaltigung und Ermordung einer Frau verurteilt, die nachts in London auf dem Nachhauseweg gewesen war. Die Tat schockierte das ganze Land, und der anschließende Umgang der Polizei mit Mahnwachen und Protesten stieß auf heftige Kritik.
Im Februar trat Cressida Dick als Polizeichefin in London zurück, nachdem Bürgermeister Sadiq Khan erklärt hatte, sie engagiere sich nicht ausreichend für eine Reform der Polizei. Mark Rowley wurde ihr Nachfolger und erklärte, jährlich würden zwischen 30 und 50 Mitarbeiter entlassen, das seien aber nicht genug. „Man muss zu dem Schluss kommen, dass es Hunderte Menschen gibt, die nicht hier sein sollten, die man hinauswerfen sollte“, sagte er. Rowley will nun einen Kulturwandel einleiten und das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen.