Chinas Bevölkerung schrumpft

Welt / 17.01.2023 • 22:41 Uhr
Die Auswirkungen der jahrzehntelang verfolgten „Ein-Kind-Politik“ werden immer spürbarer. Daran hat auch die Aufhebung der Geburtenkontrolle nichts geändert.ap
Die Auswirkungen der jahrzehntelang verfolgten „Ein-Kind-Politik“ werden immer spürbarer. Daran hat auch die Aufhebung der Geburtenkontrolle nichts geändert.ap

Die Folgen der Bevölkerungskrise für die zweitgrößte Volkswirtschaft sind enorm.

peking Chinas Bevölkerung ist im vergangenen Jahr erstmals seit sechs Jahrzehnten geschrumpft. Ende Dezember habe das bevölkerungsreichste Land der Welt 1,411 Milliarden Einwohner gehabt und damit rund 850.000 weniger als ein Jahr zuvor, teilte das Statistikamt in Peking mit. Experten sprechen von einem „Wendepunkt“ in Chinas Geschichte und warnen vor verheerenden Folgen einer „unvorstellbaren“ Bevölkerungskrise.

„Chinas demografische und wirtschaftliche Aussichten sind düsterer als erwartet“, meint der US-Sozialwissenschaftler Yi Fuxian von der Universität von Wisconsin. Das Land müsse seine Sozial- und Wirtschaftspolitik ändern. Auf den Überschuss an Werktätigen, der Chinas Wirtschaftswunder als „Werkbank der Welt“ angekurbelt hatte, folgt jetzt Arbeitskräftemangel im herstellenden Gewerbe: „Chinas Produktionssektor wird unterbesetzt und überaltern“, so Yi Fuxian. Es ist der erste Bevölkerungsrückgang seit 1960 und 1961, berichtet das Statistikamt. Damals waren in den verheerenden Hungersnöten als Folge der irregeleiteten Industrialisierungskampagne des „Großen Sprungs nach vorn“ von Mao Tsetung viele Millionen Menschen ums Leben gekommen.

Geburtenrate am Tiefpunkt

Die Geburtenrate lag im vergangen Jahr nur noch bei 6,77 Neugeborenen auf 1000 Menschen – ein historischer Tiefpunkt.  Die Auswirkungen der seit 1979 verfolgten „Ein-Kind-Politik“ werden immer spürbarer, auch die Aufhebung der Geburtenkontrolle 2015 hat daran nichts geändert. Die Folgen der Bevölkerungskrise für die zweitgrößte Volkswirtschaft sind enorm. Immer weniger Werktätige müssen immer mehr alte Leute versorgen. Jeder fünfte Chinese ist heute älter als 60 Jahre. „Ohne soziales Netz wird sich eine Rentenkrise zu einer humanitären Katastrophe entwickeln“, warnt Yi Fuxian.