Cosa Nostra sucht neuen Paten

Nach Festnahme von Mafiaboss halten Experten “Föderation” zwischen Clans für möglich.
Rom Die Festnahme des Cosa-Nostra-Bosses Matteo Messina Denaro Anfang der Woche ist nicht das Ende der Mafia. Spekulationen über seine Nachfolge kursieren bereits: Eine Reihe prominenter Paten der sizilianischen Mafia sei bereit, Denaro zu beerben und die Führung der Cosa Nostra zu übernehmen, behaupten Anti-Mafia-Experten. Eine „Föderation“ zwischen den herrschenden Clans sei durchaus möglich, heißt es in Justizkreisen. Zu den Bossen, die Messina Denaros Zepter erben könnten, zählt Giovanni Motisi, genannt Pacchione (der Dicke), der seit 1998 wegen mehrerer Morde auf der Flucht ist. Er zählte zu den Vertrauten von Totò Riina, jahrelang Nummer eins der Mafia. Auch der 70-jährige Stefano Fidanzati aus der bekannten Drogenhändlerfamilie Fidanzati dell’Arenella sowie der im vergangenen Jahr untergetauchte Boss Giuseppe Auteri könnten das Erbe von Matteo Messina Denaro antreten, behaupten die Ermittler.
Strukturwandel
Mit der Debatte um seine Nachfolge stellt sich auch die Frage, ob eine einzelne Führungsfigur angesichts der Neuausrichtung der Clans noch zeitgemäß ist. Denn diese haben sich längst auf die Infiltration in Politik, Verwaltung und Wirtschaft verlegt und handeln meist anonym. Das könnte bedeuten, dass Matteo Messina Denaro, der als der „Unsichtbare“ galt, das letzte bekannte Gesicht der Cosa Nostra ist. Seine Festnahme markiert auch den Strukturwandel der Mafia, mit dem der Kampf gegen sie noch schwieriger wird.
„Mit der Festnahme Denaros geht eine Epoche zu Ende. Er war der Bezugspunkt der alten, traditionsreichen Clans mit starker lokaler Verankerung in den sizilianischen Provinzen. Dies bedeutet aber nicht, dass die Mafia in Italien besiegt ist. Sie bewegt sich auf andere Weise, vor allem durch das Eindringen in die Wirtschaft“, erklärte Professor Enzo Ciconte, Ex- Parlamentarier und Anti-Mafia-Experte.
Die Cosa Nostra bekomme immer mehr die Konkurrenz der ’Ndragheta, der Mafia der süditalienischen Region Kalabrien, zu spüren, die aggressiver und weltweit verbreitet ist. Sie macht Geschäfte in Milliardenhöhe mit Drogen- und Waffenhandel. Die Einnahmen dieses Geschäfts werden in die legale Wirtschaft investiert.