Carbonara-Streit entfacht

“Made in the US?”: Experte sorgt für Wirbel über Ursprung typischer italienischer Gerichte.
Rom Die Italiener sind stolz auf ihre gastronomische Tradition. Sie bestehen darauf, die beste Küche der Welt zu haben. Für Debatten sorgt aber jetzt Professor Alberto Grandi, Dozent an der Universität von Parma und Experte zur Geschichte der Ernährung. Im Interview mit der „Financial Times“ bestreitet er, dass viele typische Speisen wirklich einen italienischen Ursprung haben. Die meisten Italiener hätten erst in den 1950er-Jahren von Pizza gehört, sagte er. Pasta alla Carbonara sei ursprünglich ein amerikanisches Gericht. Viele „Klassiker“ – von Panettone bis Tiramisu – seien relativ neue Erfindungen. Und den besten Parmesan finde man derzeit im amerikanischen Wisconsin. Die meisten Behauptungen stützt er auf Erkenntnisse, die er zum Teil aus der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur gewonnen habe, heißt es in dem Artikel zum Interview.
Wütende Reaktionen
Grandis Äußerungen lösten wütende Reaktionen aus. „Der Professor versucht, traditionelle nationale Lebensmittel zu trivialisieren“, protestierte der Bauernverband Coldiretti. Die Behauptung, Parmesan stamme aus Wisconsin, bezeichnete der Verband als „fantasievoll“. Dies gelte auch für die Behauptung, dass Panettone und Tiramisu erst kürzlich auf den Markt gekommen seien. Der Mangel an Klarheit über die „Made in Italy“-Rezepte biete einen fruchtbaren Boden für die Verbreitung von Plagiaten im Ausland, sagte der Bauernverband. Die Rechtsregierung in Rom um Premierministerin Giorgia Meloni setzt stark auf die Verteidigung der heimischen Gastronomie. So wurde das Landwirtschaftsministerium in „Ministerium für die Ernährungssouveränität“ umgetauft. Das Kabinett unterstützt jetzt die Kandidatur der Küche als immaterielles UNESCO-Weltkulturerbe für 2023.