Geiseldrama am Flughafen endet gut

Vater entführt vierjährige Tochter – Polizei verhandelt 18 Stunden mit Geiselnehmer – Täter gibt schließlich auf.
hamburg, berlin, wien Die Geiselnahme eines vierjährigen Mädchens auf dem Vorfeld des Hamburger Flughafens hat gestern nach mehr als 18-stündigem Nervenkrieg ein gutes Ende genommen. Die Polizei nahm den bewaffneten Geiselnehmer, der seine Tochter seit Samstag Abend in seiner Gewalt hatte, gestern Nachmittag widerstandslos fest.
Damit ging eine Geiselnahme zu Ende, die am Samstag im niedersächsischen Stade begonnen hatte. Von dort war der 35-Jährige zum Hamburger Airport gefahren. Am Flughafen durchbrach er gegen 20 Uhr mit seinem Auto, in dem auch seine Tochter saß, eine Absperrung am Tor zum Vorfeld des Airports. Er schoss auf dem Gelände in die Luft und warf Brandsätze aus dem Wagen.
Sorgerechtsstreit
18 Stunden lang versuchte die Polizei, die Geiselnahme unblutig zu beenden – am Sonntagnachmittag schließlich mit Erfolg. Das vierjährige Mädchen blieb laut Polizei körperlich unversehrt. Das Kind sei in den auf türkisch geführten Telefonaten mit dem Mann im Hintergrund immer wieder zu hören gewesen, so die Polizei.
Vorausgegangen war laut Polizei wohl ein Sorgerechtsstreit mit der Mutter. Die Ehefrau des Geiselnehmers, die sich in Stade bei Hamburg aufgehalten haben soll, hatte sich nach Angaben eines Sprechers wegen möglicher Kindesentziehung bei der Landespolizei gemeldet. Wie die Polizei mitteilte, war gegen den 35-jährigen türkischen Staatsbürger bereits im März vergangenen Jahres ermittelt worden. Damals sei er unberechtigt mit seiner Tochter in die Türkei gereist.
Während des gesamten Einsatzes der Polizei ruhte der Flugbetrieb in Hamburg. Die Zahl der wegen der Geiselnahme am Hamburger Flughafen gestrichenen Flüge stieg stetig. Nach Angaben des Flughafens vom Sonntagvormittag waren seit dem eigentlichen Betriebsbeginn um 6 Uhr bis 11 Uhr bereits 126 Flüge gestrichen worden. Fünf Ankünfte seien zu anderen Flughäfen umgeleitet worden. Für den gesamten Tag waren eigentlich 286 Flüge mit rund 34.500 Passagieren geplant.
Tausende Menschen betroffen
Bereits am Samstag waren 27 Flüge mit rund 3200 Passagieren betroffen. Der Flughafen war sofort evakuiert worden, viele Passagiere hatten die Nacht zum Sonntag in einem Flughafen-Hotel verbracht – doch längst nicht alle konnten in Zimmern schlafen. In der Lobby lagen am Sonntag Dutzende Menschen mit Decken auf dem Boden oder saßen in Sesseln oder auf Stühlen. Im Flur und in Nebenräumen waren Feldbetten aufgebaut. „Beängstigend“, „gruselig“ – so schilderten Passagiere, die aus ihren Maschinen geholt wurden, ihre Eindrücke.
Kritik an Sicherheitsstandards
Der Flughafen Hamburg sieht aber trotz Geiselnahme keine Versäumnisse bei der Sicherung des Geländes. „Die Sicherung des Geländes entspricht allen gesetzlichen Vorgaben und übertrifft diese größtenteils“, sagt eine Flughafensprecherin. Dennoch könne bei der Größe des Airports – er umfasst fast 800 Fußballfelder – nicht ausgeschlossen werden, „dass ein hochkrimineller, unbefugter Zutritt zum Sicherheitsbereich mit brachialer Gewalt erfolgen kann.“
Dennoch gibt es Kritik. Der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) etwa reicht das bisherige Vorgehen nicht mehr. „Es ist nur schwer vermittelbar, dass etwa Weihnachtsmärkte mit Betonbarrikaden gesichert werden, und unsere Flughäfen werden als Hochsicherheitsbereiche von Betreibern stiefmütterlich behandelt“, sagte DPolG-Bundesvize Heiko Teggatz.

