Erste Stickstoffhinrichtung in USA

Welt / 24.01.2024 • 22:21 Uhr
Demonstranten versammelten sich vor dem State Capitol in Montgomery. AP
Demonstranten versammelten sich vor dem State Capitol in Montgomery. AP

Die bislang nirgendwo getestete Methode beschäftigt Menschenrechtsexperten.

Montgomery Für tausend US-Dollar hat sich der damals 22-jährige Kenneth Eugene Smith im März 1988 auf einen Auftragsmord eingelassen. Wenig später war die Frau des Auftraggebers tot, ermordet in ihrem Haus an einer Landstraße im entlegenen Norden Alabamas. Smith und zwei Mittäter wurden gefasst – einer bekam eine lebenslange Haftstrafe, der andere starb 2010 durch die Giftspritze. Auch Smith wurde zum Tode verurteilt. Doch 2022 war seine Exekution mit der Giftspritze gescheitert. Dem Gefängnispersonal gelang es damals nicht, die Kanüle in seinen Arm zu legen. Nach mehreren Stunden, in denen er angeschnallt auf einem Exekutionstisch lag, kam er wieder in seine Zelle.

Alabama gehört zu den US-Bundesstaaten, in denen Mördern bis heute die Hinrichtung droht. Doch nie zuvor wurde ein Mensch dort oder im Rest der USA – vermutlich sogar weltweit – mittels sogenannter Stickstoffhypoxie hingerichtet. Bei der ungetesteten Prozedur bekommt eine Person über eine Gesichtsmaske Stickstoff zugeführt. Die Folge ist der Tod durch Sauerstoffmangel. Innerhalb einer 30-stündigen Zeitspanne von Donnerstag auf Freitag soll der heute 58-jährige Smith so sterben.

„Experiment durchgeführt“

Menschenrechtsexperten weisen darauf hin, dass die Hinrichtungsmethode nach ihrer Ansicht das Verbot von Folter und anderer grausamer, inhumaner und entwürdigender Bestrafung verletzen würde. Dafür, dass die Inhalation von reinem Stickstoff keine schwerwiegenden Leiden verursacht, fehlen nach UN-Angaben wissenschaftliche Beweise. „Hier wird an einem Menschen ein Experiment durchgeführt“, mahnt Amnesty International in einer Mitteilung.

Smiths Anwälte versuchten bislang vergeblich, den Hinrichtungstermin zu stoppen. Neben einer laufenden Berufungsklage vor einem Bezirksgericht argumentieren sie zeitgleich vor dem Obersten US-Gerichtshof mit dem achten Verfassungszusatz. Dieser verbietet „grausame und ungewöhnliche Strafen“. Ob sich der Supreme Court ihrem Gesuch annimmt, ist unklar. Aufhalten könnte die Exekution noch per Erlass die republikanische Gouverneurin von Alabama, Kay Ivey. Das halten Beobachter aber für unwahrscheinlich.

Sollte Alabama grünes Licht für die geplante Exekution erhalten, könnten auch andere US-Staaten versuchen, auf Stickstoff als Hinrichtungsmethode umzusteigen.

Former death row inmates who were exonerated, from left, Randall Padgent, Gary Drinkard and Ron Wright, were among the nearly one hundred protestors gathered at the state capitol building in Montgomery, Ala., on Tuesday Jan. 23, 2024, to ask Governor Kay Ivey to stop the planned execution of Kenneth Eugene Smith. (Mickey Welsh/The Montgomery Advertiser via AP)

Former death row inmates who were exonerated, from left, Randall Padgent, Gary Drinkard and Ron Wright, were among the nearly one hundred protestors gathered at the state capitol building in Montgomery, Ala., on Tuesday Jan. 23, 2024, to ask Governor Kay Ivey to stop the planned execution of Kenneth Eugene Smith. (Mickey Welsh/The Montgomery Advertiser via AP)