Der fliegende Holländer im Steinbruch

Die Opernfestspiele feierten mit Richard Wagners Oper eine erfolgreiche Premiere.
St. Margarethen Bei den Opernfestspielen im Römersteinbruch St. Margarethen hat man zur Premiere der neuen Ausgabe auf ein ganzheitliches Erlebnis gesetzt. Während sich in der gewaltigen Kulisse des Römersteinbruches Wagners Drama um den “Fliegenden Holländer” in norwegischen Gefilden abspielte, lieferte der Wettergott die passenden skandinavischen Temperaturen. Gejubelt wurde am Ende von der versammelten Menge dennoch – und beileibe nicht nur, um sich warm zu klatschen. Wie auf Befehl passend zu Sentas Zeile “Hui! – Wie saust der Wind!” taten die Lüfte des Burgenlandes genau dieses. Die Sturzfluten, die sich im Laufe des Abends als Videoprojektionen auf der Bühne ergossen, blieben dem Premierenpublikum allerdings realiter erspart. Und so kann das Debüt für ein Richard Wagner-Werk im gewaltigen Rund des Römersteinbruchs zweifelsohne als Erfolg gefeiert werden. Schließlich weiß das Leadingteam rund um Regisseur Philipp M. Krenn und Bühnenbildner Momme Hinrichs mit dem Areal umzugehen. Die Kante des Steinbruchs wird als Potemkinsches Dorf zu einer norwegischen Fischersiedlung, Leuchtturm inklusive. Das sich letztlich öffnende Haus von Senta thront indes in der Mitte der Szenerie. Hier träumt die junge Protagonistin von der Sagengestalt des Fliegenden Holländers, der verdammt ist, ewig über die Meere zu segeln und der nur alle sieben Jahre einmal an Land darf, um in der Liebe die Erlösung zu suchen.

Begrenzt wird die Bühne von gewaltigen Wellenbergen, die sich auftürmen und im Verlauf für Lichtspektakel und projizierte Fluten oder Sternenhimmel dienen. Dazwischen haben die Protagonisten teils markante Auftritte. So entert etwa das Holländer-Schiff spektakulär in bester “Fluch der Karibik”-Manier die Bühne. Zugleich gelingen dem Videoexperten Hinrichs intime Momente, wenn er einzelne Akzente mit dem Licht setzt und so auf das Geschehen fokussiert. Auch werden mittels Liveprojektionen innige Momente der Figuren in Sepia an die Wand des Steinbruchs geworfen. In dieser für die gewaltigen Dimensionen des Margarethener Freilufttheaters ungewohnten Nähe überzeugt vor allem die Elisabeth Teige als Senta. Mit eleganter Höhe und einer satten Tiefe hält sie der Männerriege problemlos stand, gibt der eigentlich jugendlichen Figur dank ihres Timbres eine überraschende Reife und Abgeklärtheit. Über weite Strecken überzeugt der georgische Bariton George Gagnidze, auch wenn diesem Holländer am Ende ein wenig die stimmlichen Kräfte verlassen. Dass man im Römersteinbruch dabei die frühe Fassung des Wagner-Werks mit in sich abgeschlossenen Arien und Nummern spielt, eröffnet Dirigent Patrick Lange die Möglichkeit von Mikropausen und dem wagner-ungeschulten Publikum einen abgefederten Einstieg in die Welt des Komponisten. Ansonsten rauscht Lange als musikalischer Leiter des Piedra Festivalorchesters mit flottem Ruderschlag durch die Partitur dem Ende zu. Hier springt Senta nicht einfach aufopferungsvoll von der Klippe ins Meer, um ihrem Idol die Erlösung zu schenken – in St. Margarethen wird das Ganze zur brenzligen Angelegenheit.