Einsatz in Roma-Slums

Kathy Bitschnau aus Stallehr arbeitet freiwillig beim neuen Concordia-Projekt mit.
Holzmengen. (VN-joh) Nach ihrer Tischlerlehre in Bürs startete Kathy Bitschnau eine „Auszeit“. Doch gemütlich hat es sich die 20-Jährige dabei nicht gemacht. Ganz im Gegenteil, sie hat sich auf eine Arbeit eingelassen, die wesentlich anstrengender ist als viele andere Jobs: Seit Jänner ist Bitschnau ehrenamtlich beim Sozialprojekt „Concordia Transilvania“ in Rumänien engagiert, das von der Schwäbin Ruth Zenkert (50) geführt und von Pater Georg Sporschill SJ (66) begleitet wird. Trotz aller Anstrengungen hat die junge Vorarlbergerin ihre Entscheidung bis heute nicht bereut: „Auf jeden Fall würde ich
das wieder machen“, betont sie, „man lernt unglaublich viel.“
Abenteuerlust war wohl auch dabei, als sich Kathy Bitschnau vor einem Jahr für die Mitarbeit beim neuen Projekt von Zenkert und Russ-Preis-Träger Sporschill bewarb. Schließlich hatten damals auch die beiden Profis nur gewusst, dass sie bei den Romas in der Nähe von Sibiu (Hermannstadt) im rumänischen Siebenbürgen leben wollten; weil diese, von der Gesellschaft verstoßen, verarmt in klapprigen Hütten und Häusern leben – und es noch niemand geschafft hat, sie aus ihrer Perspektivenlosigkeit herauszuführen.
Bitterkalt war es im vergangenen Winter, als sich Bitschnau gemeinsam mit Ruth Zenkert an die Arbeit machten im einstigen Sachsenort Holzmengen, der bei Einheimischen Hosman heißt. Um Beziehungen aufzubauen, haben sie begonnen, Schülern Trommelunterricht anzubieten und Familien in ihren Häusern zu besuchen: „Vor allem die Kinder sind froh, wenn sich jemand mit ihnen abgibt“, so Bitschnau.
Kindern eine Chance geben
In den Roma-Slums ist die Arbeitslosigkeit so hoch wie der Alkoholkonsum verbreitet ist. „Bei den Erwachsenen kann man nicht mehr viel machen“, stellt Bitschnau nüchtern fest: „Aber man muss an die Kinder denken, sie können es einmal besser haben.“ Daher sei es sinnvoll, sich um sie zu kümmern und ihnen etwa bei Hausaufgaben zu helfen. Wenn sie etwas lernen, erhielten sie eine Chance auf ein besseres Leben.
Von Montag bis Freitag und oft auch samstags ist Kathy Bitschnau im Einsatz. Sonntags haben sie und ihre Kolleginnen frei. Da fahren sie zum Beispiel nach Hermannstadt: „Es tut gut, ab und zu rauszukommen“, gesteht sie.
In Holzmengen gibt es viel zu tun. Zuletzt half Bitschnau, Häuser winterfest zu machen. Außerdem gilt es, dazu beizutragen, dass sich Spannungen in der Bevölkerung lösen: „Gestern sagten Rumänen zu mir, ich kriege Herpes, weil ich bei Zigeunern gegessen habe. Diese Abneigung ist schon extrem.“ Doch eben dadurch, dass sie sich mit den Roma, die sich selbst als Zigeuner bezeichnen, abgibt, hofft sie, dazu beizutragen, dass die Gräben überwunden werden.
In ihren bisher elf Monaten in Rumänien ist Kathy Bitschnau nur einmal, zu Ostern, nach Hause nach Stallehr gefahren. Heimweh hat sie nicht. Ein Monat vor Ende ihres Einsatzes weiß sie denn auch schon, dass sie wieder einmal zurückkehren wird; und selbst wenn es sich wohl nur um einen kurzen Besuch bei Freunden handeln wird.
Man muss an die Kinder denken, sie können es besser haben.
Kathy Bitschnau
Zur Person
Kathy Bitschnau
Tischlerin
Geboren: 13. April 1992 in Bludenz, aufgewachsen in Stallehr
Ausbildung: Volks- und Hauptschule
Laufbahn: Tischlerlehre in Bürs, 2012 Sozialarbeit in Rumänien
Familie: ledig