Im Bully die Natur erleben

Helmut Fleisch präpariert seit 25 Jahren Skipisten. Im Sommer ist er Bergbauer.
Tschagguns. (VN-kum) Sein Herz brennt für die Natur. Deshalb übernahm Helmut Fleisch auch den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Großmutter auf dem Ziegerberg in Tschagguns. 28 Milchkühe, 15 Stück Jungvieh und 50 Schafe stehen im Stall des Bergbauern. Der Winter ist in der Landwirtschaft eine ruhigere Zeit. Das schafft für die Bauern Freiräume. Helmut arbeitet über den Winter als Pistenraupenfahrer. „Ich fange erst gegen 16 Uhr an. So habe ich am Tag Zeit fürs Vieh.“
Die Berge sind seine Welt. „Dort arbeite ich gerne.“ Es ist die Naturkulisse, die ihn trotz bereits 25-jähriger Erfahrung als Pistenraupenfahrer jeden Tag aufs Neue fasziniert: „Am Berg hast du Natur hoch zwei.“ Verschneite Berggipfel, mondhelle Nächte, Sonnenuntergänge, Nebelmeere im Tal, Schneestürme, Wildtiere – die Natur zeigt ihm, dem Bully-Fahrer, immer andere Gesichter. „Jedes ist auf seine Art schön.“ Der 48-Jährige ist stolz auf seine Heimat. „Wir wohnen an einem besonderen Ort.“ Er versteht, dass es so viele Menschen zum Skifahren in die Berge zieht. Helmut trägt dazu bei, dass diese gut präparierte Skipisten vorfinden. Er ist einer von 31 Pistenraupenfahrern bei der Silvretta Montafon. Diese müssen insgesamt 145 Kilometer Piste präparieren. Der Tschaggunser ist einer der erfahrensten Fahrer. „Ihn kann man überall hinschicken“, lobt ihn sein Chef Mario Tschofen. Helmut kennt das Skigebiet wie seine Westentasche. „Wenn du die Landschaft gut kennst, tust du dir bei der Arbeit leichter“, sagt er.
Nebel, der größte Feind
Als er zum ersten Mal mit dem zwölf Tonnen schweren Kettenfahrzeug fuhr, dachte er: „Das lerne ich nie. Unmöglich, dass ich jemals eine glatte Piste herbringe.“ Es ist nicht einfach, ein derart wuchtiges Kraft- und Energiepaket zu lenken. Das verdeutlicht Helmuts Chef: „Es braucht zwei Saisonen, bis man einen Bully-Fahrer mit der Maschine alleine auf die Piste lassen kann.“ Inzwischen aber ist Helmut ein Profi. Am liebsten präpariert er steile Pisten. „Denn da bist du gefordert.“ Die Hälfte aller Pisten ist so steil, dass die Fahrzeuge von Seilwinden unterstützt bzw. gesichert werden müssen.
Der größte Feind der Bully-Fahrer ist der Nebel. „Du siehst absolut nichts. Alles ist weiß.“ Dann gilt es, sich von einer Tafel zur nächsten vorzutasten. „Ich musste auch schon die Tür aufmachen und hinausschauen.“ Im Nebel ist die Gefahr groß, von der Piste abzukommen. Dem Familienvater passierte das schon einmal. „Auf dem weichen Untergrund verlor die Maschine die Haftung. Ich rutschte zirka 100 Meter den Hang hinunter. Das war ein sehr mulmiges Gefühl.“
Gefahr geht auch von Lawinen aus. „Wenn es viel geschneit hat, müssen wir aufpassen.“ Helmut wurde noch nie verschüttet. „Der Teufel wollte mich noch nicht.“ Aber von einem Kollegen weiß er, dass dessen Fahrerkabine einmal zugeschüttet wurde. Für ängstliche Männer sei dieser Job nichts. „Wenn du dich gleich fürchtest, nur weil das Wetter schlecht ist und du keine Sicht hast, dann bist du hier fehl am Platz“, meint Helmut. Auch technisches Verständnis sei in diesem Job unabdinglich. „Du musst wissen, wie die Maschine funktioniert, und was du tun kannst, wenn sie einen technischen Schaden hat.“
Das Schönste an seiner Arbeit sei neben dem Naturerlebnis die Kameradschaft untereinander. „Wenn wir die Pisten präpariert haben und unsere 60 Kilometer gefahren sind, dann trinken wir Bully-Fahrer noch ein Feierabendbier miteinander. Wir sind wie eine große Familie.“
Wir Pistenraupenfahrer sind wie eine große Familie.
Helmut Fleisch
Zur Person
Helmut Fleisch
Geboren: 26. Juli 1966 in Schruns
Wohnort: Tschagguns
Ausbildung: Metzger, Landwirt, Pistenraupenfahrer
Familie: verheiratet, vier Kinder, zwei Enkel
Hobbys: Natur, Wandern