Biegen und schmieden

Daniela Kräutler aus Hohenems ist einzigartig. Die 21-Jährige ist Vorarlbergs erster weiblicher Hufschmied.
HOHENEMS. (VN-mip) Kennen Sie die Tätigkeit des „Aufhebers“? Er muss Pferdebeine heben, damit ein Hufschmied arbeiten kann. Auch das Hufschmied-Gewerbe ist Opfer der Sparmaßnahmen in Betrieben. Der „Aufheber“ wurde sukzessive durch Maschinen ersetzt. Wer wie Daniela Kräutler genug Kraft besitzt, kann auf „Aufheber“ komplett verzichten. Sie hebt nicht nur auf, sie staucht, biegt, locht; arbeitet mit Aufpasszirkel, Lochdorn, Nagel, Hammer und Amboss. Die 21-jährige Hohenemserin ist Vorarlbergs erster weiblicher Hufschmied und zählt österreichweit zu den besten ihres Fachs.
Eine spezielle Schürze, spezielles Werkzeug, ein Amboss, ein Auto mit Schweißgerät, Bohrmaschine, Gasbrenner, Schleifmaschine: wie auf einer Baustelle. Daniela Kräutlers Arbeitsgeräte erinnern eher an einen bulligen Bauarbeiter als an eine junge Frau. Sie grinst und nimmt eine pinke Zange mit roten Herzen aus dem Koffer. „Wir haben auch extra Werkzeug für die Frauen“, sagt sie und lacht.
Pferde sind im Leben von Daniela Kräutler seit jeher allgegenwärtig, der Weg zur Hufschmiedin war vorgezeichnet: „Ich wollte schon immer etwas mit Pferden machen.“ Nach der Hauptschule absolvierte sie die Landwirtschaftsschule, bevor sie die Ausbildung begann. Mit 17 begann sie die Lehre, heute, mit 21, gehört sie zu Österreichs Besten, was nicht nur am Talent liegt. Auch Ehrgeiz ist der Karriere Schmied.
Sehr guter Erfolg
Exemplarisch dafür: Kräutlers Sieg bei einem europaweiten Hufschmied-Wettbewerb in München vor einem Jahr. Sie hat wochenlang trainiert, auch sonntags, obwohl sie nicht durfte. „Ich habe gewartet, bis mein Papa aus dem Haus war, damit ich schmieden konnte. Er hat es eigentlich nicht erlaubt, wegen des Lärms. Ich würde die Nachbarn am Sonntag stören.“ Sie lächelt und fährt fort: „Er hat es dann ja doch immer gemerkt. Der Ofen war noch warm, als er nach Hause kam.“ Weiteres Beispiel: Ihre Ausbildung zur staatlich geprüften Hufschmiedin in Stadl-Paura. Über mehrere Wochen stand sie mit ihren Berufskollegen täglich von 6 bis 18 Uhr vor dem Kohleofen. Anschließend warteten zwei Stunden BWL auf die Teilnehmer. Auch Tiermedizin mit den Veterinär-Studenten aus Wien stand auf dem Stundenplan. Am Ende schloss sie als einzige Österreicherin mit sehr gutem Erfolg ab. Mehrmals im Jahr nimmt sie an internationalen Konferenzen teil, auch der nächste Wettbewerb ist geplant. Kräutler geht regelmäßig ins Fitnesscenter: „Das ist wichtig für diesen Beruf. Speziell für den Rücken.“ Falls sie Zeit hat, geht sie mit den eigenen Pferden reiten. Sie überlegt kurz, lacht, und ergänzt: „Ach ja, einen Freund habe ich auch.“
In Vorarlberg gibt es derzeit sechs Hufschmiede, die davon leben können. Daniela Kräutler ist in einem Harder Betrieb angestellt. Ihr Kundenstamm sind rund 400 Pferde, die alle sechs bis acht Wochen zum Hufbezug kommen. Dazu noch 250 Rösser, die nur ausgeschnitten werden, Pferdepediküre sozusagen. Natürlich kommt auch das eigene Pferd nicht zu kurz. „Es heißt Harley, wie das Motorrad.“
Kräutler hat die Eisen auf 800 Grad erhitzt. Sie legt die Hufeisen auf den Amboss, schlägt kurz drauf und geht zu Harley. Die 21-Jährige hebt dessen Bein und legt das heiße Eisen drauf. Es zischt und dampft. „Keine Angst, die spüren das nicht“, erklärt sie und blinzelt durch den weißen Rauch. Fürwahr, kein Job wie jeder andere.
Körperliche Fitness ist wichtig für diesen Beruf.
Daniela Kräutler
Zur Person
Daniela Kräutler
Erste Hufschmiedin Vorarlbergs.
Geboren: 25. Jänner 1994
Ausbildung: Hauptschule, Landwirtschaftsschule, staatlich geprüfte Hufschmiedin (Jahrgangsbeste 2015)
Privat: in einer Beziehung, wohnt in Hohenems, eine Schwester