Herrchen statt Würstchen

Lawinenhundeführer Bertram Klehenz über die Ausbildung der lebensrettenden Vierbeiner.
Gargellen. (VN-gs) So alt sie ist, so lange ist die Holländische Schäferhündin Bora (7) auch bereits treue Begleiterin des stellvertretenden Leiters der Vorarlberger Lawinenhundeführer, Bertram Klehenz. Der Montafoner aus Galgenul ist ein begeisterter Bergfex. Wandern und Klettern in den Gebirgsmassiven bedeuten dem 42-Jährigen alles.
Vizebergrettungschef
Sein Hobby verbindet er seit zwanzig Jahren mit einer verantwortungsvollen Aufgabe. Damals trat er der Vorarlberger Bergrettung bei. Seit Mai 2014 nimmt er auch die Funktion des Stellvertreters von Martin Burger, dem Leiter der Bergrettung, ein. Wenn er als technischer Leiter in seinem Büro der Bergbahnen Gargellen arbeitet, räkelt sich Bora auf einer Matte auf dem Gang vor seiner Türe. Wenn aber der Funk ertönt, spitzt sie die Ohren, denn sie ist bei Lawinenalarm allzeit bereit zum Einsatz.
Es beginnt als Welpe
Noch hat die Hündin kein Menschenleben aus Lawinenkegeln gerettet. Doch sie ist bestens trainiert dafür. Klehenz setzt größtes Vertrauen in seinen Vierbeiner, wurde dieser doch bereits als Welpe zum Lebensretter im Gebirge ausgebildet.
Sei es als Lawinenhund, sei es als Spürhund bei der Vermisstensuche im Sommer: „Die Ausbildung der Hunde beginnt grundsätzlich immer im Welpenalter“, informiert der 42-Jährige, „denn dann sind sie am aufnahmefähigsten. So ganz nach dem Motto ,Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr‘.“
In der Lawinenhundestaffel der Vorarlberger Bergrettung sind derzeit zwanzig Fellnasen im Einsatz. Der Ernstfall wird regelmäßig mit Alpinausbildnern und -sanitätern bei gemeinsamen Übungen auf der Faschina geprobt. Und zwar eine Woche lang pro Jahr. Die Hunde absolvieren dabei eine A- und B-Prüfung. Die Ausbildung dauert zwei Jahre. Danach ist der Hund ein richtiger Lawinenhund mit verlässlicher Bereitschaft für den Ernstfall.
Verlässlichkeit: Genau das ist für Bertram Klehenz ein ganz besonders wichtiger Faktor und etwas, das für den Montafoner die Zusammenarbeit mit Tieren zur Herzensangelegenheit macht. „Bei Hunden muss man die Ehrlichkeit nicht hinterfragen. Speziell ein Lawinenhund ist darauf trainiert, nicht erst zu bellen, wenn das Herrchen mit einem Würstchen winkt. Ein Lawinenhund bellt sein Herrchen herbei, wenn er den Atem eines Vermissten riecht. Und er bellt und gräbt, wenn er einen Verschütteten aufgespürt hat.“
„Lebenslange Ausbildung“
Das wird mit „Opfern“, die im Schnee eingegraben werden, oder die sich im Sommer hinter einen Baum legen, in den Schulungslagern geübt. „Eigentlich dauert die Ausbildung ein Leben lang“, präzisiert der Lawinenhundeführer.
Klehenz hat in seiner 20-jährigen Erfahrung als Bergretter 70 bis 80 Einsätze hinter sich, schätzt er. Manche davon haben sich ins Gedächtnis eingegraben. So etwa die Lawine, die im Winter 1999 das Schafberghüsle in Gargellen hinwegfegte. Zwei Tote waren damals zu beklagen. Dann war da noch der 22. Jänner 2005. „Überhaupt passieren die meisten Katastrophen in Gargellen an einem 22. des Monats“, resümiert er. An jenem Tag wurden fünf deutsche Skitouristen von einer Lawine verschüttet. Alle fünf wurden gerettet. Klehenz: „Einer in letzter Minute. Als wir ihn ausgruben, war sein Gesicht schon fast knallblau, so kurz war er vor dem Ersticken.“
Bei Hunden muss man die Ehrlichkeit nicht hinterfragen.
Bertram Klehenz
Zur Person
Bertram Klehenz
Geboren: 1. März 1973
Wohnort: Galgenul
Beruf: Technischer Leiter
Familienstand: in einer festen Beziehung
Hobbys: Alpinsportarten