Liebesschlösser: Ein Kult verbreitet sich rasant

In Bäume geritzte Herzen sind out. Heute besiegelt man die Liebe mit einem Schloss.
SCHWARZACH. Sie hängen an Geländern und Zäunen. In den einen sind Vornamen graviert, in anderen nur Initialen oder ein Datum. Diese schlichten Messingschlösser mit U-Bügel und kleinem Schließzylinder dienten einst nur dazu, Türen und Tore von Spinds, Gartenhäusern, Garagen, Lagerräumen usw. abzuschließen, um Eigentum zu schützen. Heute gelten sie auch als Symbole für Liebe, Romantik, ewige Verbundenheit.
Moderne Schließsysteme mit Chips oder Geldmünzen haben das Vorhängeschloss immer mehr zum Ladenhüter degradiert. Umso mehr freut sich die Metallindustrie über diesen neuen Verwendungszweck. Hersteller, die sich auf die Vermarktung von Liebesschlössern verlegt haben, vermelden „Riesenzuwächse“, insbesondere in diesem Jahr. Zudem hat dieser Kult dafür gesorgt, dass sich eine eigene kleine Branche mit Straßenhändlern und Gravur-Spezialisten entwickeln konnte.
Woher der Brauch kommt, ist unklar. Vermutet wird, dass Absolventen der Sanitätsakademie San Giorgio in Florenz Urheber sind, die am Ende ihrer Ausbildungszeit die Vorhängeschlösser ihrer Spinde an einem Gitter des Ponte Vecchio befestigten. Verliebte haben den Kult dann übernommen. Es heißt aber auch, der italienische Schriftsteller Federico Moccia habe ihn durch seine Romane „Drei Meter über dem Himmel“ und „Ich steh auf dich“ populär gemacht. Seine Protagonisten schwören sich ewige Liebe, befestigen ein Schloss an einer Brückenlaterne und werfen den Schlüssel in den Tiber.
Kultverbot
Inzwischen hat sich der Brauch, Liebesschlösser an Geländer und Zäune zu sperren, weltweit verbreitet. In Deutschland wurden die ersten Liebesschlösser im Herbst 2008 an der Kölner Hohenzollernbrücke angebracht. Schätzungen zufolge hängen heute an dieser Brücke über 150.000 Liebesschlösser in unterschiedlichsten Formen und Farben. In Salzburg ließ die Stadtverwaltung vor zwei Jahren 42 Schlösser vom Zaun des Makartstegs entfernen. Die zuständige Baustadträtin Claudia Schmidt soll die Schlösser jedes Mal, wenn sie vorbei ging, gezählt haben. Inzwischen sei dort das Anbringen von Liebesschlössern wieder erlaubt.
In Rom knickte 2007 eine Laterne unter der Last der Schlösser um, worauf Bürgermeister Walter Veltroni ein Verbot des Brauches aussprach. Verboten ist es auch in Venedig, Liebesschlösser an Brücken anzubringen. Betroffen ist vor allem die Rialto-Brücke als eines der bekanntesten Bauwerke der Lagunenstadt. Auch in Berlin dürfen keine Brücken mit Liebesschlössern beschwert werden.
An der Seine-Brücke Pont des Arts in Paris werden vornehmlich Schlösser mit Zahlenkombination befestigt. Sie sollen wiederverwertbar sein, falls die Liebe doch nicht ewig hält.
Russland oder doch Italien?
In Moskau stehen Eisenbäume, an die Liebespaare ihre Schlösser heften können. Das hat die Russen veranlasst, zu behaupteten, der Romantiktrend käme aus ihrem Land. Doch die Legende, Italien sei das Herkunftsland, hält sich stärker.
Die Wissenschaft hingegen hat zu dieser Frage bislang noch keine Angaben vorweisen können.