Erbärmliches Schicksal der Küken-Männchen

Wissen / 13.09.2013 • 17:26 Uhr
Frisch geschlüpfte männliche Küken fallen der Massentötung aus „ökonomischen Gründen“ zum Opfer. Foto: dpa
Frisch geschlüpfte männliche Küken fallen der Massentötung aus „ökonomischen Gründen“ zum Opfer. Foto: dpa

Ökonomisch nicht rentabel, werden männliche Küken nach dem Schlüpfen getötet.

schwarzach. Trist sind die Aussichten frisch geschlüpfter Küken. Zumindest die der männlichen, weil diese possierlichen Tiere nicht einmal einen Tag leben dürfen. Gleich nach dem Schlüpfen werden die weiblichen und männlichen Küken auf Laufbänder befördert und sortiert. „Sexen“ nennt man das.

Die aus Mastlinien für hohe Legeleistung stammenden weiblichen Küken werden als Legehennen aufgezogen. Die Männlein dieser Hühnerlinien hingegen legen keine Eier und setzen zu wenig Fleisch an, daher sind sie als Brathähnchen nicht geeignet. Die Betriebe schlagen nun mal aus männlichen Küken keinen Profit, folglich rentiert sich deren Aufzucht nicht.

Zu Brei zerschreddert

Das Töten der sogenannten Eintagsküken erfolgt üblicherweise durch Gasvergiftung oder Zerschreddern. Beim Vergiften werden Hunderte Küken in einen Behälter gesteckt, in den Gas mit CO2 eingeleitet wird. Innerhalb von Sekunden verlieren die Tiere das Bewusstsein und sterben.

Zerschreddert werden sie in Spezialmaschinen – eine Art Häcksler, auch Muser oder Homogenisator genannt. Rotierende Messer zerhacken die Küken bei lebendigem Leib. Der auf diese Weise gewonnene Fleischbrei findet unter anderem in der Herstellung von Futtermitteln für Katzen und Hunde Verwendung.

Laut Statistik Austria wurden 2012 allein in Österreich 6,5 Millionen männliche Küken getötet. Tobias Giesinger vom VGT (Verein gegen Tierfabriken) vermutet, dass auch in Vorarlberg männliche Küken nach dem Schlüpfen getötet werden, wenn auch in nur geringem Umfang. „Denn auch die Legebetriebe hierzulande verwenden sogenannte Hybridhühner, die auf eine hohe und unnatürliche Legeleistung gezüchtet wurden. Und auch in Vorarlberg sind Hähne für die Fleischproduktion meist unrentabel.“ Die Hybridhühner stammen laut Giesinger aus Großbrütereien in Deutschland oder Innerösterreich. „In denen werden alle männlichen Küken aussortiert und getötet.“

Tierschützer agieren

Der VGT setzt Aktionen gegen das Gemetzel an den Eintagsküken, indem er die Konsumenten über die Praktiken in der heutigen Tierproduktion aufklärt. „Juristisch gesehen ist das ein Graubereich, wenn nicht sogar illegal“, sagt Giesinger. „Trotzdem ist es die gängige Praxis und wird aus wirtschaftlichen Gründen geduldet.“ Der VGT empfiehlt zudem, keine Eier mehr zu konsumieren und Ei-freie Rezepte auszuprobieren.

Neues Verfahren

Für die Tierschützer jedenfalls ist die Massentötung männlicher Küken nicht mit dem Tierschutzrecht vereinbar. Vermeiden ließe sich das, indem die Geschlechtsbestimmung schon im Hühnerei erfolgen und männliche Küken nicht ausgebrütet würde. Bislang lag aber noch kein praxistaugliches Verfahren vor.

Nun aber haben deutsche Forscher eine neue Methode entwickelt, mittels der sich das Geschlecht von Küken bereits im Ei bestimmen lässt. (In Deutschland fallen jährlich 40 bis 50 Millionen Eintagsküken der Massentötung zum Opfer.)„Männliche Tiere können somit bei der Zucht deutlich früher aussortiert und getötet werden als bisher, nämlich bevor die Embryonen im Ei ein Schmerzempfinden entwickeln“, informiert Almuth Einspanier, Professorin an der Universität Leipzig.

„Noch nicht geklärt ist hingegen, inwieweit die Embryonen weiter vermarktet werden könnten.“ Bei diesem, von der Tierärztin Anne Weißmann entwickelten neuen Verfahren, wird durch ein winziges Loch in der Eischale ein kleiner Tropfen Embryo-Urin entnommen und auf Geschlechtshormone untersucht. Die Genauigkeit liege bei 98 Prozent.

www.vgt.at/service/vegetarismus