Die Atomkatastrophe und kein Ende in Sicht
Weder Tepco noch die Regierung bringen das Desaster von Fukushima unter Kontrolle.
fukushima. Erleichterung in Fukushima: Das letzte Erdbeben mit Tsunami war zwar wieder ziemlich heftig, ging diesmal aber glimpflich aus. Es kamen keine Menschen zu Schaden. Auch das havarierte Atomkraftwerk hielt den Erschütterungen stand.
Glück gehabt. Denn seit der Atomkatastrophe nach einem Erdbeben und Tsunami im März 2011 kämpft die Betreiberfirma Tepco mit den Folgen, darunter etlichen Wasserlecks. Tausende Tonnen radioaktiv verseuchtes Wasser, das zu Kühlzwecken in den beschädigten Reaktoren eingesetzt worden war und in Wassertanks gelagert wurde, sind dadurch in den Pazifischen Ozean gelangt.
Chronik eines Desasters
Ein Rückblick: Am 11. März 2011 um 4.46 Uhr Ortszeit erschütterte ein Erdbeben der Stärke 9 die japanische Region Tohoku. Dem folgte ein Tsunami. Die ersten Flutwellen, die das Kraftwerksgelände in Fukushima erreichten, lösten eine Atomkatastrophe aus.
Um 16.36 Uhr meldete die Betreiberfirma des Atomkraftwerks – die Elektrizitätswerke von Tokio, „Tepco“ – einen „nuklearen Notfall“ an die Aufsichtsbehörde. Knapp zweieinhalb Stunden später, um 19.03 Uhr, rief die japanische Regierung den „nuklearen Notstand“ aus. Kurz nach 21 Uhr begann für 1864 um den Reaktorblock 1 lebende Personen die Evakuierung. Innerhalb der darauf folgenden vier Tage wurden vier der sechs Reaktorblöcke des Kernkraftwerks Fukushima I zerstört. Druckentlastungen, Explosionen und Brände setzten erhebliche Mengen an radioaktiven Gasen und Partikeln frei.
Das Versagen der Kühlsysteme der Anlage hatte eine Kernschmelze zur Folge, woraufhin die Evakuierung auf Hunderttausende Bewohner im Umkreis von 20 Kilometern erweitert werden musste.
Zwischenfälle häufen sich
Bis heute haben es weder Tepco noch die japanische Regierung geschafft, die Situation in den Griff zu bekommen. Auch wenn beide das immer wieder behaupten. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe beteuert weiterhin stur, dass die Lage „insgesamt unter Kontrolle“ sei. Tatsächlich häufen sich seit dem Unfall vor zwei Jahren die Zwischenfälle im havarierten Atomkraftwerk, unter anderem die Vermehrung der Wasserlecks. Der japanische Atomaufsichtschef Shunichi Tanaka hat nun Anfang der Woche Tepco-Chef Naomi Hirose ermahnt, dieses Problem umgehend zu beheben. Weiters wurde Hirose aufgefordert, mehr Ingenieure zum Atomkraftwerk zu entsenden und die Anlage zu modernisieren. Von einem Ausstieg aus der Atomenergie ist – wie man sieht – trotz der folgenschweren Ereignisse keine Rede.
Tepco hat nun beschlossen, aus einem Kühlbecken in dem beschädigten Reaktorgebäude 4 die 1533 Brennstäbe zu bergen. Die Pläne hat die Atomaufsicht am Mittwoch gebilligt. Die Brennstäbe sollen einzeln mit einem Kran verlagert werden, müssen aber zur Kühlung stets von Wasser umgeben bleiben. Diese Operation muss „sehr vorsichtig“ ausgeführt werden. Sollten die Brennstäbe beim Herausholen beschädigt werden oder neue starke Erdstöße das in 30 Metern Höhe gelegene Abklingbecken zerstören, könnte Atomkraftgegnern zufolge eine „unvergleichlich größere Katastrophe“ provoziert werden.
Die Bergung der Brennstäbe ist ein erster Schritt zur Stilllegung der Atomanlage, die voraussichtlich mehrere Jahrzehnte dauern wird.
Bis zum nächsten Beben
Dörfer und Städte in der Umgebung des Atomkraftwerks sind bis heute fast vollständig unbewohnt. Die ehemaligen Einwohner wollen sich nicht dem Risiko einer fortwährenden Verstrahlung aussetzen. Doch für sie muss der Alltag „ganz normal“ weitergehen – bis das nächste Beben kommt. „Shikatanai“ – da kann man nichts machen.