Bei Neandertalern kam Inzucht nicht selten vor
Leipzig. Die Neandertaler in Sibirien haben vor rund 50.000 Jahren auch mit engeren Verwandten Nachkommen gezeugt, fanden Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig heraus. Ihre Aussagen stützen sie auf die Untersuchung von DNA, die aus einem Zehenknochen einer Frau gewonnen wurde. Laut dem Ergebnis waren die Eltern dieser Frau nahe Verwandte. „Wir führten verschiedene Inzuchtszenarien am Computer durch und entdeckten, dass die Eltern dieser Neandertalerfrau entweder Halbgeschwister mütterlicherseits, Großcousin und Großcousine, Onkel und Nichte, Tante und Neffe, Großvater und Enkelin oder Großmutter und Enkelsohn gewesen sein müssen“, berichtet Montgomery Slatkin, Populationsgenetiker an der Universität von Kalifornien in Berkeley (USA), der einen Teil der Genom-Analysen leitete. Grund für die Inzucht könnten die kleinen Populationen der Neandertaler gewesen sein.
Neandertaler und Mensch
Russische Wissenschaftler hatten den winzigen Knochen im Jahr 2010 in der Denisova-Höhle im sibirischen Altaigebirge ausgegraben. Ihre Untersuchungen hatten bereits eine enge Verbindung zwischen Neandertalern und dem modernen Menschen ergeben. „Das Neandertaler-Genom bringt nun präzisere Erkenntnisse über die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Neandertalern und heute lebenden Menschen sowie ausgestorbenen Menschengruppen“, informiert Kay Prüfer vom Max-Planck-Institut. Ein Anteil von etwa 1,5 bis 2,1 Prozent im Genom von heute außerhalb Afrikas lebenden Menschen stamme vom Neandertaler.