Mehr Bakterien resistent gegen „Wundermittel“

Wissen / 20.12.2013 • 19:50 Uhr
Bei vielen bakteriellen Erkrankungen ist die Behandlung mit einem Antibiotikum sinnlos, weil erfolglos.  Foto: fotolia
Bei vielen bakteriellen Erkrankungen ist die Behandlung mit einem Antibiotikum sinnlos, weil erfolglos. Foto: fotolia

Mediziner und Wissenschafter warnen vor der Ausbreitung antibiotikaresistenter Erreger.

schwarzach. Sie gelten als „Wundermittel“ gegen bakterielle Erkrankungen und haben bislang unzähligen Menschen das Leben gerettet: Antibiotika. Doch die Resistenzbildung nimmt weltweit drastisch zu. Hauptursachen sind die falsche Verwendung in der Medizin und in der Landwirtschaft.

Nobelpreis fürs Penicillin

Als erster Entdecker der antimikrobiellen Wirksamkeit von Schimmelpilzen gilt der französische Militärarzt Ernest Duchesne. 1897 schrieb er seine Doktorarbeit über die Beobachtung, dass bestimmte Schimmelpilze über antibiotische, also Bakterien abtötende Eigenschaften verfügen. Das Antibiotikum Penicillin entdeckte allerdings Alexander Fleming. Der schottische Bakteriologe erhielt dafür 1945 den Nobelpreis.

1942 begann die industrielle Herstellung des Penicillins. Andere Antibiotika wurden in den 1950er-Jahren entwickelt. Seit 1987 wurde keine neue Klasse mehr hervorgebracht.

Ernste Bedrohung

Resistenzen entstehen nun, weil sich das Erbgut der Bakterien im Laufe der Zeit durch den Kontakt mit dem Antibiotikum weiterentwickelt. Die „Überlebenskünstler“ unter den Erregern, die nicht mehr auf die antibiotische Therapie ansprechen, sind dann im Vorteil und können sich vermehren, wodurch die Behandlung einer Infektion mit diesen Keimen erfolglos ist. Das Auftreten solcher krankheitserregenden Bakterien, die nicht mehr auf Antibiotika ansprechen, stellt laut der Weltgesundheitsorganisation WHO eine ernste Bedrohung für die Gesundheit dar.

In Deutschland geben vor allem Studien über die Gefährdung von Patienten in den Krankenhäusern durch resistente Keime Anlass zu großer Sorge. Aus einer Liste aus dem Gesundheitsministerium geht hervor, dass ihr Anteil an der gemessenen Keimbelastung in den vergangenen Jahren in Hunderten Kliniken deutlich gestiegen ist.

Der grüne Abgeordnete Friedrich Ostendorff fordert, dass jeder Patient vor Klinik-Aufnahme auf gefährliche Keime hin untersucht wird. Außerdem müssten alle Krankenhäuser verpflichtet werden, ihre Daten bekannt zu geben. Auch in der Schweiz sind Krankheitserreger zunehmend resistent gegen einzelne wichtige Antibiotika. Mehrere Bundesämter werden gemeinsam ein nationales Programm mit konkreten Maßnahmen, wie die Eindämmung des Antibiotikagebrauchs, gegen Resistenzen auf die Beine stellen.

Aktionsplan in Österreich

Im Vergleich zu anderen Ländern sei das Problem mit resistenten Keimen in Österreich relativ gering, heißt es im „Resistenzbericht Österreich AURES 2012“. Bei den in Spitälern erworbenen Infektionen zeige sich bei den sogenannten grampositiven Erregern, wie Streptokokken und Staphylokokken, noch immer eine günstige und stabile Situation, informierte Pamela Rendi-Wagner, Sektionsleiterin für Öffentliche Gesundheit im Gesundheitsministerium, anlässlich der Präsentation des Berichtes im November. „Die Resistenzraten sind im Europa-Vergleich niedrig.“

Trotzdem hat das Gesundheitsministerium eine Arbeitsgruppe beauftragt, einen „Nationalen Aktionsplan zur Antibiotikaresistenz“ in Österreich zu verfassen. Darin werden auf mehr als 70 Seiten Ist- und Soll-Situation im Land sowie bereits ergriffene und noch geplante Maßnahmen aufgelistet. Wesentlich ist dabei der fachübergreifende Aspekt von der Humanmedizin zur Veterinärmedizin, Landwirtschaft, Lebensmittel und Umwelt.