Dicke Luft wegen AKW

Wissen / 20.02.2015 • 16:11 Uhr
Der Neubau des Kernkraftwerks Hinkley Point in Südwestengland soll staatliche Subventionen bekommen. FOTO: REUTERS
Der Neubau des Kernkraftwerks Hinkley Point in Südwestengland soll staatliche Subventionen bekommen. FOTO: REUTERS

AKW Hinkley Point C wird gebaut. Österreich wehrt sich gegen Steuergelder an Atomlobby.

schwarzach. Dicke Luft herrscht zwischen Wien und London, seit Österreich gegen staatliche Subventionen für den Neubau des Kernkraftwerks Hinkley Point C in Großbritannien aufbegehrt.

Es begann mit einer skandalösen Entscheidung in Brüssel. In der Nacht von 23. auf 24. September 2014 hat die damals fast nicht mehr existente EU-Wettbewerbskommission still und heimlich beschlossen, grünes Licht für Staatsbeihilfen zum Bau des britischen AKW Hinkley Point C zu geben.

Am 8. Oktober genehmigte die Noch-EU-Kommission schließlich der britischen Regierung die umstrittenen Subventionen für Atomstrom und rechtfertigte den Beschluss damit, dass die staatliche Unterstützung für den Bau und den Betrieb der zwei Reaktoren den europäischen Regeln entspreche. Nicht mitgeteilt wurde, wie hoch die staatliche Beihilfe sein sollte. Die EU-Kommission bezifferte lediglich die Gesamtkosten auf 43 Mrd. Euro, die Baukosten auf 31,2 Mrd. Euro.

60 Jahre Laufzeit

Das Kraftwerk Hinkley Point C mit zwei Druckwasserreaktoren des französischen Herstellers Areva soll in Somerset in Südwestengland entstehen und ist der erste derartige Neubau in Großbritannien seit rund 20 Jahren. Die beiden Reaktoren sollen 2023 in Betrieb gehen, 60 Jahre lang laufen und sieben Prozent der britischen Stromproduktion liefern. Für Großbritannien hat dieses Projekt hohe Priorität, weil das Land in den kommenden Jahren jedes fünfte seiner alternden Atomkraftwerke ersetzen will. Für Frankreich ist die Anlage ein wichtiges Exportgeschäft. Denn von Englands Steuerzahlern werden über 30 Milliarden Euro an den französischen Atomkonzern EDF fließen.

Damals schon hat Bundeskanzler Werner Faymann angekündigt, dass Österreich dagegen angehen werde. „Wir werden die Entscheidung, Subventionen für Atomstrom zu genehmigen, nicht akzeptieren“, sagte Faymann. Gemeinsam mit Vizekanzler Reinhold Mitterlehner teilte er mit: „Wir werden eine Klage beim Europäischen Gerichtshof vorbereiten und einbringen.“ Für Österreich sei klar, dass alternative Energieformen förderungswürdig seien, nicht aber die Atomenergie.

Großbritannien zeigt sich wegen der atomkritischen Haltung Österreichs verstimmt. Aus einer geheimen Depesche der österreichischen Botschaft in London, die am Mittwoch in der „Kronen Zeitung“ veröffentlicht wurde, geht hervor, dass Großbritannien „in Zukunft jede Gelegenheit wahrnehmen werde, Österreich in Bereichen zu klagen oder zu schaden, die starke innenpolitische Auswirkungen haben“. Weiter heißt es in der Depesche: „UK hat offenbar unter Einbeziehung der UK-Botschaft in Wien und anderer Stellen mit einer systematischen Erarbeitung von Österreich schädigenden Gegenmaßnahmen begonnen und heute das Ergebnis seiner ersten Überlegungen bekannt gegeben.“

Eskaliert ist die Feindseligkeit der Briten gegen Österreich beim jüngsten EU-Gipfel in Brüssel. Premierminister David Cameron habe Faymann brüskiert, indem er die Annahme eines österreichischen Protestbriefs gegen den Bau des AKW Hinkley Point C verweigerte. Faymann möge „Großbritanniens Energie-Wahlmöglichkeiten respektieren“, sagte Cameron, er fühle sich von Österreich bedroht. Worauf Faymann entgegnet habe, Österreich fühle sich von Atomkraftwerken bedroht, und man werde sich nicht einschüchtern lassen.

Nichts gelernt

„Ich hoffe sehr, dass sich die Bundesregierung von dieser panischen, ja nahezu erpresserischen Reaktion der britischen Regierung nicht beeinflussen lässt“, sagt Hildegard Breiner. Die 79-jährige Anti-Atom-Aktivistin und Russ-Preis-Trägerin beobachtet die Entwicklung um Hinkley Point C mit Besorgnis.

Jedenfalls belegen die von der früheren EU-Kommission genehmigten Subventionen für Hinkley Point C, dass die Technologie Atomkraft gescheitert ist. Trotzdem wird in der Kernenergie weltweit aufgerüstet. Aus den Nuklearkatastrophen in Tschernobyl 1986 und Fukushima 2011 wurde also nicht gelernt.

Ich hoffe, dass sich die Bundesregierung nicht beeinflussen lässt.

Hildegard Breiner