Neue Erkenntnisse zum Wunderwerk im Kopf

Wissen / 13.03.2015 • 16:12 Uhr
Das Messen der Gehirnaktivität mittels EEG ist eine Methode der medizinischen Diagnostik und der neurologischen Forschung.  FOTO: REUTERS
Das Messen der Gehirnaktivität mittels EEG ist eine Methode der medizinischen Diagnostik und der neurologischen Forschung. FOTO: REUTERS

„Internationale Woche des Gehirns“ an der Med-Uni Innsbruck. Immer mehr Vorarlberger psychisch krank.

INNSBRUCK. (VN-hrj) Das Gehirn ist ein komplexes Netzwerk von über 100 Milliarden Nervenzellen und das wichtigste Organ des Menschen. Dieses etwa eineinhalb Kilo schwere im Kopf eingebettete Zentralnervensystem steuert das gesamte menschliche Dasein. Um zum Beispiel einen Artikel (wie diesen) lesen zu können, werden zum Sehen und Verstehen Stirn- und Hinterhauptslappen benötigt. Der Hippocampus ist für die Erinnerung zuständig. Gleichzeitig arbeiten Hirnstamm und Kleinhirn daran, grundsätzliche Lebensfunktionen wie Atmung, Blutzirkulation und Verdauung aufrechtzuerhalten. Die Impulse im Nervensystem können eine Geschwindigkeit von bis zu 400 km/h erreichen.

Neurologische und psychische Erkrankungen, die durch Funktionsstörungen im Gehirn ausgelöst werden, können daher gravierende Folgen haben. Weltweit sind heute von einer solchen Erkrankung rund 450 Millionen Menschen betroffen, in der EU ist es mittlerweile fast jeder vierte Bürger.

Psychisch krank

In Vorarlberg weisen laut dem Psychiater, Suchtexperten und Russpreis-Träger Reinhard Haller 37 Prozent der Bevölkerung eine psychische Störung auf. Warum wächst besonders die Zahl psychischer Erkrankungen derartig? „Das ist eine epochale Entwicklung“, erklärt Haller. „Einerseits sterben viele körperliche Krankheiten aus und psychische Leiden, wie Angst, Depression, Burnout und Sucht nehmen zu.“ Anderseits sei es heute möglich, viele Krankheiten zu diagnostizieren, die in früheren Zeiten gar nicht erkannt wurden. „Angst und Depressionen, beispielsweise, galten einst nicht als Krankheiten“, informiert der Facharzt. Eine Erklärung sei auch, dass die einstige Lebenserwartung von 46 bis 48 Jahren mittlerweile auf 83 angestiegen ist. „Daher erleben Menschen auch viel mehr als früher und sind in der Folge auch mehr von psychischen Krankheiten betroffen.“

Haller weist zudem darauf hin, dass sich die Wertung in Bezug auf psychische Erkrankungen grundlegend geändert habe. Früher sei die Medizin nur auf den Schmerzbereich fixiert gewesen. Mittlerweile wird die Psyche gleich ernst genommen wie der Körper.“ Und das sieht der Psychiater als „eine erfreuliche Entwicklung“. Außerdem, betont er, gebe es heutzutage sehr gute Therapiemöglichkeiten und in der Folge auch entsprechende Heilungschancen.

Forschung ums Gehirn

Im Rahmen der weltweiten „Internationalen Woche des Gehirns“ (Brain Awareness Week) vom 16. bis 21. März, wird auf Krankheitsbilder und neue Erkenntnisse der Forschung rund um das Gehirn aufmerksam gemacht. Die Medizinische Universität Innsbruck führt aus diesem Anlass eine Reihe von öffentlichen Vorträgen durch. Dabei geben Experten neue Einblicke in die Funktionsweise des Gehirns.

Eine auf Neonatologie spezialisierte Medizinerin wird die Entwicklung des Gehirns bei Frühgeborenen sowie die Sprachentwicklung von Kindern erläutern. Die Flexibilität ist ebenso Thema wie das kranke Gehirn am Beispiel der Schizophrenie.

In der Aktionswoche wird das Gehirn auch ganz jungen Menschen nähergebracht. Der Direktor der Innsbrucker Sektion für Neuroanatomie, Lars Klimaschewski, hat zu diesem Zweck mit der Koordinationsstelle für Gleichstellung, Frauenförderung und Geschlechterforschung einen Workshop-Nachmittag für 50 Kinder organisiert.

Depressionen und Angst galten früher nicht als Krankheiten.

Reinhard Haller

Woche des Gehirns

Programm an der Med.-Uni Innsbruck

Mo, 16. 3. „Die Entwicklung des Gehirns am Beginn des Lebens“, Dr. Ursula Kiechl-Kohlendorfer, Pädiatrie

Di, 17.3. „Was uns das Gehirn über die Sprachentwicklung bei Kindern verrät.“ Dr.Sonja Rossi, Medizinische Psychologie

Mi, 18. 3. „Wie flexibel ist unser Gehirn?“ Dr. Christine Bandtlow, Neurobiochemie

Do, 19. 3. Human-Brain-Project Day, „Ist unser Gehirn ein Computer?” Dr. Karlheinz Meier, Universität Heidelberg

Fr, 20. 3. „Das kranke Gehirn am Beispiel der Schizophrenie“, Dr. Wolfgang Fleischhacker, Biologische Psychiatrie

Alle Infos: www.i-med.ac.at/pr/events/wochedesgehirns.html