„Schaufenster für ein modernes Russland“

Russland startete erstmals Rakete von neuem Weltraumbahnhof Wostotschny.
MOskau. Der Stolz der russischen Ingenieure ist 52 Meter hoch: ein mobiler Versorgungsturm auf Schienen für den Abschuss der ersten Rakete von Russlands neuem Kosmodrom Wostotschny. Wie ein gewaltiger Schrank soll der Gerüstturm künftig vor Starts um die Raketen geschoben werden. Bei Temperaturen zwischen fast minus 50 Grad Celsius und rund 40 Grad plus im Osten Sibiriens könnten die Spezialisten so geschützt arbeiten, erklärt Igor Komarow, Chef der Raumfahrtbehörde Roskosmos. „Das ist einzigartig.“ Die Bewährungsprobe hat der neue Weltraumbahnhof am vergangenen Donnerstag bestanden, erstmals ist die Sojus-2.1a – wie die VN gestern berichteten – mit drei Forschungssatelliten an Bord vom neuen Weltraumbahnhof ins All gestartet.
Neues Fenster zu den Sternen
Präsident Wladimir Putin hat mit dem Start von Wostotschny den Beginn einer neuen Ära in der russischen Raumfahrt eingeläutet. Wostotschny im Gebiet Amur – rund 8000 Kilometer östlich von Moskau – wird Russlands neues Fenster zu den Sternen. Hier will die stolze Raumfahrtnation bis 2030 ihren ersten Kosmonauten zum Mond schicken, ein Flug zum Mars soll folgen.
Für den Ausbau eines früheren Militärgeländes haben Tausende Arbeiter eine 700 Quadratkilometer große Schneise in die Taiga geschlagen. Wichtige Infrastruktur wie die Schnellstraße Tschita–Chabarowsk und die Baikal-Amur-Eisenbahn sowie Seehäfen machen den Stand-
ort attraktiv. Ein Vorteil ist auch der relativ kurze Abstand zum Äquator. So gibt die Erdrotation der startenden Rakete zusätzlichen Schub. Während in Moskau Regierungsmitglieder betonen, das Kosmodrom sei ein „Schaufenster für ein modernes Russland“, trüben massive Korruptionsvorwürfe das Bild des Prestigeprojekts. Millionen Euro versickerten, mehrere Funktionäre sitzen im Gefängnis. Baupfusch und Streit über nicht gezahlte Löhne haben den ursprünglich für Dezember 2015 geplanten Start verzögert.
Weiterer Ausbau
Nach dem Erststart einer Rakete vom Kosmodrom Wostotschny will die russische Raumfahrtbehörde das Gelände nun weiter ausbauen. In Kürze sollen die Vorbereitungen für den Bau der Infrastruktur beginnen, die für den Start des geplanten neuen Raketentyps Angara ab 2021 und für bemannte Flüge ab 2023 nötig ist, wie Raumfahrtchef Igor Komarow sagte. „In den kommenden zwei Jahren werden unsere Mittel begrenzt sein“, meinte Komarow. Angesichts einer schweren Rezession musste Russland sein bis 2025 geplantes Raumfahrtbudget um ein Drittel auf rund 18 Milliarden Euro kürzen. Daher schlug er vor, vorhandene Mittel umzuschichten, um den Ausbau von Wostotschny voranzutreiben. Auf dem Gelände sollen nicht nur weitere Startrampen in Betrieb genommen werden. Auch Wohnanlagen für Angestellte und ein Flughafen sind geplant.
