Erstarren, fliehen oder kämpfen

Wissen / 27.10.2017 • 16:26 Uhr
Auch wenn es sich nur um eine Halloween-Maske handelt, läuft einem bei der Begegnung mit solch einer Gruselfratze ein Schauer über den Rücken. FOTOLIA
Auch wenn es sich nur um eine Halloween-Maske handelt, läuft einem bei der Begegnung mit solch einer Gruselfratze ein Schauer über den Rücken. FOTOLIA

Was bei Grusel und Angst im Gehirn passiert.

new york Am 31. Oktober, dem Tag vor Allerheiligen, wird Halloween gefeiert. Und mit diesem in den 1990er-Jahren aus den USA importierten Brauch erscheinen sie wieder: Vampire, Zombies, Gruselclowns und neue Horror- und Katastrophenfilme. Da gibt es wieder genug Gründe, sich mehr oder weniger wohlig zu erschrecken. Was passiert indes im Gehirn, wenn man sich gruselt, wenn man Angst hat? Wie reagiert der Mensch mit seinen Gefühlen und Wahrnehmungen?

Instinktive Reaktion

Ein markerschütternder Schrei, ein heranfliegender Stein: Auf potenzielle Bedrohungen reagieren Menschen instinktiv. Man duckt sich, schützt den Kopf mit den Armen. Dabei hilft die Amygdala, das aus einem Bündel Neuronen bestehende, mandelkernförmige Angstzentrum über dem Stammhirn. Sofort nach dem Eintreffen der sensorischen Reize im Thalamus gelangen sie an die Amygdala und werden von dort aus weitergeleitet – und zwar auf zweierlei Wegen.

Der schnellere der beiden Wege funktioniert wie der Bewegungsmelder einer Alarmanlage und setzt spontan Reaktionen im ganzen Körper in Gang. Erstarren, Fliehen oder Kämpfen sind die Optionen, die je nach Bedrohung folgen. Und zwar noch bevor beispielsweise der heranfliegende Stein genau identifiziert wird.

Das Signal der Sinnesreize gelangt aber auch über einen Sekundenbruchteile langsameren „Umweg“ zum sensorischen Kortex. Dieser Hirnbereich verschafft ein einordnendes, klareres Bild über die potenzielle Bedrohung und verstärkt dann die Abwehrreaktion oder entlarvt sie als Fehlalarm.

Chemie der Angst

Der US-amerikanische Neurowissenschaftler und Psychologe Joseph LeDoux sagt dazu, dass Angst beim Menschen mehr sei als das Empfinden von Bedrohung: „Angst ist ein Konzept, nicht ein ‚Ding‘ im Gehirn.“ LeDoux, der am Center for Neural Science an der New Yorker Universität lehrt, hat herausgefunden, dass der Mensch Angst bekommt, noch bevor er überhaupt begreift, was passiert. Übrigens ist aufgrund seiner Forschung heute bekannt, dass die Mandelkerne für die Entstehung des Furchtgedächtnisses essenziell sind.

Angst ist ein chemischer Prozess im Gehirn. Die Erwartung, dass uns Schlimmes zustoßen kann, setzt praktisch eine chemische Kaskade in Gang. Vor allem über den Botenstoff Glutamat werden Alarmsignale in andere Hirnteile wie den Hypothalamus und dann in den Körper gestreut. Das Nebennierenmark stößt große Mengen des aufputschenden Stresshormons Adrenalin aus, der Blutzuckerspiegel steigt, das Herz schlägt schneller und die Handinnenflächen werden feucht.

Endorphin-Schub

Bleibt das Schlimmste jedoch aus, strömt das beruhigende Wohlfühlhormon Endorphin durch den Körper. Dieser Hormonmix ist es wohl auch, den viele Menschen am Grusel- bzw. Angstgefühl mögen. Denn das kann nach dem ersten Schreck angesichts einer Halloween-Fratze einsetzen, aber auch schon bei einer Gespenstergeschichte vor dem Kamin.