Mission auf dem Roten Planeten

Simulation in der Wüste mit Rambo-Rettich und 3-D-Drucker.
berlin Ohne den 3-D-Drucker wäre es ziemlich brenzlig geworden, sagt Carmen Köhler. Denn die Bauchschnalle ihres Mars-Anzugs war bei einem Außeneinsatz in Staub und Geröll kaputtgegangen. Der Drucker zauberte passgenau einen neuen Verschluss.
Die 37-jährige Mathematikerin und promovierte Physikerin aus Berlin war zwar nicht auf dem echten Mars unterwegs, doch im Februar hat sie als Wissenschafterin eine Mission zum Roten Planeten simuliert – mitten in der Wüste des Sultanats Oman. Bei fast 40 Grad Hitze trug sie einen 50 Kilo schweren Raumanzug.
Von einer Reise zum Mars träumen Wissenschafter schon lange. Der Nachbarplanet der Erde, durchschnittlich rund 200 Millionen Kilometer entfernt, fasziniert Forscher vor allem wegen einer Frage: Gibt es dort zwischen Kratern, Canyons, Geröll und Staub Leben?
Die Sache mit dem Rettich
Bisher gibt es vom Mars Bilder von Raumsonden und Robotermessungen am Boden. Ein genaueres Bild könnte eine bemannte Mission zeichnen. Eine solche würde theoretisch bis zu 1000 Tage dauern. Allerdings können noch Jahrzehnte vergehen, bis ein Raumschiff samt Astronauten zum Mars fliegt. Die Herausforderungen seien immens, nicht nur technisch, sondern auch für die Astronauten selbst, sagte jüngst Jan Wörner, Chef der Europäischen Weltraumagentur (ESA). Die Probleme heißen zum Beispiel Strahlung und Muskelschwund.
Gernot Grömer schreckt das alles nicht. „Heute heißt die Frage nicht mehr, ob wir zum Mars fliegen, sondern wann“, sagt der Leiter des Österreichischen Weltraum Forums. Er hält eine bemannte Mission in 20 oder 30 Jahren für machbar. Grömer (43) hat die jüngste Simulation in der Wüste Omans als „Kommandant“ geleitet. Die Experimente haben – wie andere und weitaus längere Simulationen zuvor – der internationalen Marsforschung einige neue Erfahrungen beschert. Zum Beispiel die Sache mit dem Rettich: Die Astronauten in der Wüste haben es geschafft, in einem aufblasbaren Gewächshaus in 15 Tagen bis zu fünf Kilo des vitaminreichen Gemüses auf einem Quadratmeter zu kultivieren. Daraufhin bekam das Saatgut den Namen „Rambo Rettich“.
In der Wüste hat das Team auch Elektrofahrzeuge getestet, die wie Quads mit Panzerketten über das Geröll rattern. Für die Kommunikation wünscht sich Grömer nach der Simulation eine Art Whatsapp für den Mars. Sonst sei eine Frage bei der großen Entfernung zur Erde zehn Minuten unterwegs, eine Antwort ebenfalls. Sinnvoller seien laut Grömer Chats.
Carmen Köhler hat in der Wüste die Strahlung in ihrem Raumanzug gemessen. „Es dauert zwei Stunden, diesen Anzug anzuziehen“, berichtet sie. „Darin habe ich mich wie in einem eigenen Raumschiff gefühlt.“ Und jede Bewegung habe unglaublich schwerfällig gewirkt. „So als ob eine Kaffeetasse plötzlich fünf Kilo wiegt.“ Das runde Visier habe die Sicht zu einem Fischaugen-Effekt verzerrt.
Effekte auf die Psyche
Wichtig war Köhler aber auch, auf Effekte auf die Psyche zu achten. Bei der Simulation, isoliert vom Rest der Welt, wurde geschaut, ob sich der Stresslevel der Crewmitglieder allein schon an ihrer Wortwahl oder ihrem Tonfall ablesen lässt. Es sei wichtig, dass sich das Team zu Beginn einer solchen Mission gut kenne, sagt Köhler. „Es ist gut zu wissen, wer ein Scherzkeks ist und wer nicht.“