Zu früh zum „alten Eisen“?

Wissen / 12.07.2020 • 09:00 Uhr
Zu früh zum „alten Eisen“?
Wegen ihrer Elektroden nannte man sie auch „Zink-Kohle-Batterie“, die Taschenlampenbatterie für über hundert Jahre. Adobe

Recycling statt Laden.

Schwarzach Sie ist uns seit Kindertagen vertraut – und war die ungefährliche Art, mit dem elektrischen Strom Bekanntschaft zu schließen: die Taschenlampenbatterie. Heute steht sie schon fast auf der „Roten Liste bedrohter Erfindungen“. – Das Elektroauto erlebte einen Aufschwung, das ist gut für die Umwelt und fürs Klima, heißt es. Ein Allgemeinplatz. Ein weiterer: Die Batterieentwicklung hinkt Jahrzehnte hinter der Entwicklung des Motors her, so verkürzt stimmt das aber nicht. Immerhin ist die Trockenbatterie über hundertfünfzig Jahre alt. Zunächst war sie auch nicht trocken, sondern nass. Der französische Chemiker Georges Leclanché patentierte 1866 das nach ihm benannte „galvanische Element“, wie man damals sagte. Batterien haben immer zwei Pole und einen sogenannten Elektrolyten. Der eine Pol, die Anode, bestand aus Zink, der andere, die Kathode, aus Grafit, also reiner Kohlenstoff, der Elektrolyt war eine wässrige Lösung von Ammoniumchlorid. Reagieren tat aber nicht der Grafit, sondern der Braunstein mit dem der Grafit umhüllt war. Das Ganze war in einem Glasgefäß untergebracht und diente zum Betrieb von Telegrafen und Türglocken – eine andere Stromquelle hat damals noch nicht existiert (und auch keine Anwendung). Der große Nachteil: Die Batterie ist häufig ausgetrocknet.

Elektroden

Einen großen Schritt machte dann der deutsche Augen- und Ohrenarzt Carl Gassner, auf ihn geht die eigentliche Trockenbatterie zurück. Sie wurde zwanzig Jahre nach Leclanché patentiert. Das sogenannte „Element“ bestand aus einem Zinkbecher, darin ein mit Braunstein umhüllter Grafitstab, vom Zink getrennt durch Pappe, die mit Ammoniumchlorid getränkt war. Das Gebilde ist nicht „staubtrocken“ – aber doch so wenig nass, dass man die Batterie in allen Lagen verwenden konnte, ohne dass etwas auslief. Wegen ihrer Elektroden nannte man sie auch „Zink-Kohle-Batterie“, die klassische Taschenlampenbatterie für über hundert Jahre. Heute ist sie im Verschwinden begriffen. Sie wurde erst durch die Alkali-Mangan-Batterien ersetzt, dann durch wiederaufladbare Batterien, bei denen der Lithium-Ionen-Akku an erster Stelle steht. Akkus sind im Idealfall tausende Male wieder verwendbar – aber wer sagt eigentlich, dass man die nicht wiederaufladbaren Batterien wegschmeißen muss? Stichwort Recycling. Man könnte sie bei der „Tankstelle“ zurückgeben und eine neue, genormte Batterie einsetzen; das dauert nur einen Bruchteil der stundenlangen Ladezeiten eines Akkus. Batterietypen gibt es genug – die alte Zink-Kohle-Batterie gehört nicht dazu.

Erwähnt sei die Aluminium-Luft-Batterie. Die Reichweite des Autos wäre gleich groß wie bei Benzinbetrieb. Fazit: Manchmal trifft die Forschung vorschnelle Entscheidungen. Christian Mähr