VN-Wissen: Gefährlicher Antrieb?

Über das Risiko, mit einem Wasserstoffauto zu fahren.
Schwarzach Allgemein neigen sich die Zukunftsvisionen der Mobilität dem elektrischen Antrieb zu, wobei die Energie in Akkus gespeichert werden soll. Der Siegeszug des Lithiumionenakkus scheint unaufhaltsam. Das ist merkwürdig, bis vor wenigen Jahren stand Wasserstoff als alternativer Energieträger im Mittelpunkt des Interesses, was kaum Wunder nimmt, wenn man sich die Geschichte des Wasserstoffs anschaut. Entdeckt wurde das Gas durch den exzentrischen Adligen Henry Cavendish schon im Jahre 1766. Er ließ Säuren auf Metalle einwirken, das entstehende Gas nannte er „brennbare Luft“.
Bis heute ein garantiert funktionierender Schulversuch – brauchbare Wasserstoffherstellung ohne Strom? Eher nicht; Metalle muss man mit erheblichem Energieaufwand aus Erzen gewinnen, ebenso die Säuren. 1799 erfand Allessandro Volta die erste elektrische Batterie, schon ein Jahr später nutzten William Nicholson und Anthony Carlisle ihren Strom zur Wasserspaltung in Wasserstoff und Sauerstoff. Das Prinzip ist also über 200 Jahre alt, entsprechend lang gibt es Erfahrungen mit Wasserstoff. Und ja, das Gas ist gefährlich. Weil es nämlich brennt. Der Energieinhalt ist, pro Kilo gerechnet, 3,3 Mal so groß wie der von Benzin. Die Speicherung erfordert allerdings Drücke von mehreren hundert Atmosphären und dafür geeignete Behälter.
Wie gefährlich ist Wasserstoff?
Ein Wasserstoff-Luft-Gemisch ist zwischen 5 und 77 Prozent Wasserstoff-Gehalt zündbar, bei Benzindampf laufen die Grenzen bei 1,4 und 7,6 Prozent, also um Eckhäuser besser. Man darf aber nicht vergessen: Bei einem Wasserstoffleck wird die untere Zündgrenze kaum erreicht, denn der Stoff hat als leichtestes aller Gase auch die größte Neigung, sich im Wortsinn zu „verdünnisieren“, es verdünnt sich rasend schnell in der Umgebung. Das berüchtigte Knallgas ist im strengen Sinne nur die Mischung, die entsteht, wenn man die Erzeugnisse der Elektrolyse wieder vereinigt: Wasserstoff und Sauerstoff genau im Verhältnis 2:1.
Auch das Luftschiff „Hindenburg“ ist 1937 in Lakehurst nicht explodiert, sondern innerhalb von 36 Sekunden verbrannt – insgesamt 200.000 Kubikmeter Wasserstoffgas. Schon die Zeitzeugen wunderten sich, dass mehr als die Hälfte der hundert Personen an Bord das Inferno überlebten. Die Wasserstoffmenge entsprach im Brennwert ca. 70.000 Liter Benzin, klar, dass aus einem Benzinfeuer dieser Größe niemand entkommen wäre. Die Flamme brennenden Wasserstoffs ist farblos – weil darin eben keine glühenden Kohlenstoffteilchen herumwirbeln wie bei jedem fossilen Brennstoff. In der Industrie wird Wasserstoff in Rohren mit hunderten Kilometern Länge sicher transportiert. Das Hauptproblem beim Wasserstoff ist seine Neigung, durch mikroskopisch kleine Lecks zu entweichen. Er explodiert dann auch nicht – er fehlt einfach.
Christian Mähr
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