Und doch geht das Leben weiter

Die Familie der ermordeten Stefanie Nesensohn nach dem Prozess und vor Weihnachten.
Frastanz Was ist Erleichterung? Manchmal etwas, das in seinem Anspruch bescheiden bleibt. Walter und Daniela Nesensohn sind erleichtert, ja. Aber diese Erleichterung hat nichts mit Freude oder gar leichtem Herzen zu tun. Das Ehepaar verwendet diesen Begriff in Zusammenhang mit der noch nicht rechtskräftigen Verurteilung des mutmaßlichen Mörders ihrer Tochter. Vor gut zehn Tagen passierte das.
Der Schrecken bleibt
„Der Schrecken holt uns immer wieder ein. Und wer glaubt, du gehst nach so einem Ereignis einfach wieder zur Normalität zurück, irrt gewaltig. Aber immerhin: Es ist etwas vorbei, auf das wir quälend lange gewartet haben“, sagt Walter.
Der Prozess gegen den Beschuldigten ist bei den Nesensohns wie ein Dokumentarfilm gespeichert, bestimmte Momente eingraviert. Zum Beispiel jener, als der Schuldspruch verkündet wurde. „Mir ist es in Bächen heruntergekommen, die Knie haben mir geschlottert. Ich war wie weg“, schildert Daniela diese Sekunden. Sie wird auch niemals vergessen, wie Fabricio P.s Verteidiger irrtümlich ihren Namen im Zusammenhang mit dem Mordopfer nannte. „Ich bin die Mama“, schrie sie. „Und dann drehte sich der Angeklagte um und blickte mir in die Augen. Zum ersten und einzigen Mal sah ich diese Augen.“
Walter hat die Verhandlung sehr nachdenklich gemacht. „Du hörst der Verteidigung zu, fängst an zu überlegen. Du willst natürlich, dass der Richtige verurteilt wird“, meint er. „Ich hatte keine Zweifel, dass der Beschuldigte der Täter ist. Aber bevor das Urteil gesprochen wurde, war auch ich angespannt“, verrät der Verteidiger der Opferfamilie, Stefan Denifl.
Alle Verwandten der ermordeten Stefanie sind jetzt noch entsetzt über die von ihnen empfundene Emotionslosigkeit der Familie des Beschuldigten. „Und dass alle Liebschaften des Angeklagten mit dessen Familie wie enge Freunde umgingen, verstehe ich nicht. Nicht, wenn man weiß, was wir durchmachen müssen.“
Stefanie und ihr ungeborenes Kind. Wie sehr fehlen sie an Weihnachten auch heuer. Erinnerungen werden wach. An die letzten Weihnachten mit der geliebten Tochter. „2014 war das. Wie wir alle geblödelt haben. Stefanie war bei bester Laune.“ Stefanie war aber auch stets da, wenn es galt anzupacken. „Sie hat immer fest geholfen zu Hause. Gerade an Weihnachten. Wenn ich noch bis am Abend arbeiten musste, hat Stefanie mit Walter und Katharina den Haushalt geschaukelt, alles fürs Fest vorbereitet. Ich musste nur noch nach Hause kommen und durfte genießen“, denkt Mama Daniela an schöne Zeiten.
Weihnachten jetzt
So wehmütig die Gedanken an früher sind, so schmerzlich sind die Fantasien darüber, wie das heute wäre. Mit Stefanie und der kleinen Naima. „Wenn sie um den Christbaum herumkrabbeln würde und wir als Familie einfach nur glücklich wären – so wie wir das früher immer waren“, schießen Mama Daniela die Tränen in die Augen.
Aber das Leben geht weiter – ohne Stefanie. Und Weihnachten kommt trotzdem. Daniela Nesensohn möchte noch etwas loswerden. „Ich will allen anderen Menschen danken, die für uns beten, Kerzen anzünden und uns in guten Gedanken mit einschließen.“ Immerhin darf sich Daniela sicher sein, dass das nicht wenige sind.
“Ma hilft” unterstützt unter anderem auch die Familie Nesensohn. Heute liegt den VN ein “Ma hilft”-Erlagschein bei. Helfen Sie uns helfen.