Fachkräftemangel bedrohlich

In Vorarlberg finden 88 Prozent der Mittelständler nur schwer geeignete Fachkräfte.
Schwarzach, wien Die Monat für Monat sinkenden Arbeitslosenzahlen sind für jene, die einen Arbeitsplatz gefunden haben, für das AMS und die Politik ein Grund zur Freude.
Doch in besonders erfolgreichen Branchen macht man sich Sorgen – nicht über die sinkenden Arbeitslosenzahlen, sondern über den ausgetrockneten Arbeitsmarkt. Noch nie fiel es den Unternehmen in Österreich so schwer, geeignete Fachkräfte zu finden: Der Anteil der Firmen, die große Probleme bei der Rekrutierung von Fachkräften haben, hat sich österreichweit seit 2015 von 15 Prozent auf aktuell 30 Prozent erhöht. Weitere 49 Prozent geben an, dass ihnen die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern „eher schwer“ fällt. Besonders in Vorarlberg ist die Not groß.
„Große Probleme“
Unter den vom Wirtschaftsberatungsunternehmen EY (Ernst & Young) befragten Firmen in Vorarlberg haben 32 Prozent „große“, weitere 56 Prozent „eher große“ Probleme bei der Personalsuche. In Vorarlberg (88 Prozent gesamt) ist der Anteil an Unternehmen, die unter dem Fachkräftemangel leiden, damit österreichweit am größten, so Erich Lehner, Managing Partner Markets und Verantwortlicher für den Mittelstand bei EY Österreich.
Der leergefegte Arbeitsmarkt kostet die Unternehmen insgesamt viel Geld. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Vorarlberger Mittelstandsunternehmen (in Österreich sind es ebenfalls 56 Prozent) beklagt Umsatzeinbußen aufgrund des Fachkräftemangels. Jedes elfte Vorarlberger Unternehmen (9,1 Prozent) rechnet, dass der Umsatz sogar um mehr als fünf Prozent zurückgeht.
Probleme bei der Fachkräftesuche haben Unternehmen in ganz Österreich – unabhängig vom Bundesland. Allerdings zeigt sich ein starkes Ost-West-Gefälle: Während die Situation in den östlichen Bundesländern noch vergleichsweise gut ist, kämpft der Westen Österreichs mit den größten Problemen. Am kritischsten ist der Fachkräftemangel momentan bei Unternehmen in Salzburg (39 Prozent haben „große“, 49 Prozent „eher große“ Probleme), Tirol (37 Prozent bzw. 46 Prozent) und Vorarlberg (32 Prozent bzw. 56 Prozent).
Am besten ist die Situation noch in Wien – allerdings klagen im bevölkerungsreichsten Bundesland immer noch 20 Prozent über „große“ und weitere 56 Prozent über „eher große“ Schwierigkeiten bei der Fachkräfterekrutierung. „Es gibt keine Branche und keinen Ort mehr, der vom Fachkräftemangel verschont bleibt“, beobachtet Lehner.
Eine Beobachtung, die auch der Vorarlberger Wirtschaftskammer-Direktor Christoph Jenny macht. „Es ist eine Herausforderung für die Zukunft, dass wir genug Jugendliche für die duale Ausbildung begeistern können“, so Jenny. Beim Blick auf den Arbeitsmarkt und die Bevölkerungsentwicklung schaue man fast immer auf die Jugend, doch „die meisten vergessen, dass nicht nur weniger junge Menschen nachkommen, sondern auch viele in Pension gehen.“ Es gelte bei der Bildungswahl noch bessere Unterstützung zu geben. Und man werde wohl nicht umhinkommen, auch anderswo „geeignete Hotspots für Fachkräfte“ ausfindig zu machen. VN-sca
„Wir werden wohl nicht umhinkommen, anderswo nach geeigneten Fachkräften zu suchen.“

Studie Fachkräftemangel
44 Prozent der Vorarlberger Unternehmen wollen in ihren Betrieben zusätzliche Stellen schaffen – wenn sie geeignete Mitarbeiter finden.
56 Prozent der Unternehmen verbuchen Umsatzeinbußen wegen fehlender Fachkräfte. Bei jedem elften droht ein Minus von über 5 Prozent.
17 Prozent der heimischen Händler büßen, weil sie keine Fachkräfte finden, mehr als fünf Prozent Umsatz ein, weitere 42 Prozent bis zu fünf Prozent.