Ein Schatz für Forscher

Die Gesundheitsdatenbank des aks hat sich weltweite Anerkennung erworben.
bregenz. „Um diese Sammlung beneide ich Vorarlberg wirklich.“ Gabriele Nagel ist nicht die einzige, die das tut. Renommierte Institute und Universitäten aus der ganzen Welt klopfen beim Arbeitskreis für Vorsorge- und Sozialmedizin (aks) an, um Wissen aus dessen einzigartiger Gesundheitsdatenbank generieren zu dürfen. Nagel hat das Glück, direkt mitarbeiten zu können. Seit 2011 ist die hauptberuflich an der Universität Ulm tätige Epidemiologin auch in der Präventionsforschung des aks beschäftigt. „Diese Datenbank gleicht einer wahren Schatztruhe“, weiß Dr. Gabriele Nagel. Denn: „Um Ursachen für Krankheiten erforschen und daraus Strategien zur Früherkennung und Behandlung ableiten zu können, braucht es Daten in guter Qualität. Und die gibt es hier.“
Hebung alter Daten
Wenngleich dem aks 2006 der Datenhahn vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger zugedreht wurde, gibt es immer noch genug Material. Mehr noch. „Je älter die Daten, umso wertvoller werden sie, weil sie stetig längere Nachbeobachtungen ermöglichen“, vergleicht Dr. Hans Concin, Leiter der aks Wissenschaft, die Sammlung mit einem guten Wein. Weniger erfreut ist er über die entstandene Lücke. Doch es sind bereits Bestrebungen im Gange, sich den Zugriff auf Daten aus den Gesundenuntersuchungen wieder zu sichern. Gleichzeitig wird versucht, noch vorhandene alte Daten für Studien verwertbar zu machen. „Die Daten, mit denen wir derzeit arbeiten, beginnen mit dem Jahr 1983“, erklärt Hans Concin. Davor schon registrierte Unterlagen sollen nun entsprechend aufbereitet werden. „Ein großer Aufwand, aber er lohnt sich“, ist der erfahrene Vorsorgemediziner überzeugt.
700 Nennungen
Hans Concin übernahm die Datenbank 1993. Seine erste Aufgabe bestand darin, den Schatz zu heben und seine Brauchbarkeit herzustellen. Ein riesiges Unterfangen, denn die Daten von rund 180.000 Frauen und Männern sowie aus 740.000 Untersuchungen wollten beackert werden. Schließlich übernahm Hanno Ulmer von der MedUni Innsbruck diese Aufgabe. Er veröffentlichte auch die erste Publikation. „Damit hatten wir die Aufmerksamkeit der Wissenschaft“, so Concin. Was in diesem Metier nämlich vor allem zählt, sind Veröffentlichungen und Zitationen. Und diesbezüglich brauchen sich die aks-Studien nicht zu verstecken.
2012 etwa wurden Erkenntnisse aus heimischen Forschungen 700 Mal von verschiedenen wissenschaftlichen Instituten genannt. Klangvolle Namen wie Harvard, London, California, Oxford, Cambridge und das Karolinska Institut legen beredtes Zeugnis vom Dasein eines kleinen Landes im Olymp der medizinischen Wissenschaft ab.
Den Nutzen erkennen
Beispiele einer erfolgreichen Zusammenarbeit ließen sich viele nennen. Hier die markantesten: In Kooperation mit dem PHI Cambridge konnte aufgezeigt werden, dass Diabetes nicht nur Gefäßkrankheiten, sondern auch Krebs und andere Erkrankungen fördert. Im Rahmen der Me-Can-Studie wiederum wurde belegt, dass das Metabolische Syndrom, zu dem unter anderem Übergewicht und Bluthochdruck zählen, jede Krebserkrankung begünstigt. Derzeit sind Hüft- bzw. Oberschenkelfrakturen ein Thema, ebenso die Nieren. In beiden Fällen gilt es, Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen zu sondieren.
„Die Daten, die von Teilen der Bevölkerung stammen und somit ein Abbild der Wirklichkeit darstellen, stiften letztlich wieder Nutzen für die Bevölkerung, wenngleich das nicht immer so gesehen wird“, sagt Dr. Gabriele Nagel. Sie verweist auf die zahlreichen Programme, die man mit Enthusiasmus umsetze. Das erleichtere im Fall des Falles zudem Anpassungen an geänderte Gegebenheiten. Die ob ihres Umfangs und der thematischen Vielfalt so hochgelobte Gesundheitsdatenbank begeistert zunehmend aber auch junge Wissenschafter. „Im Normalfall müssen sie für eine solche Studie fünf bis zehn Jahre buckeln“, verdeutlicht Gabriele Nagel. Die aks-Datenbank liefert hingegen sofort, was das forschende Herz begehrt.
Ebenfalls auf eine Mitarbeit von Medizinstudenten, Biostatikern, Epidemiologen und ähnlichen Berufsgruppen hofft übrigens Hans Concin. Schließlich gebe es noch sehr viel auszuwerten.
Je älter die Daten sind, umso wertvoller werden sie.
Hans Concin
Fakten zum aks
» 1964 Gründung des aks durch OMR Dr. Leopold Bischof und Hofrat Dr. Hermann Girardi in Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten.
» Entwicklung des Mutter-Kind-Passes
» Gründung der aks Kinderdienste und Ausweitung der Sozialmedizin
Angebot von Gruppenprogrammen für Ernährung, Raucherentwöhnung, Haltungsturnen usw.
» Aufbau der Zahnprophylaxe
» 1992 Gründung eines wissenschaftlichen Beirats. Er stellt sicher, dass die aks-Programme nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen durchgeführt werden.
» Einrichtung von Ernährungsberatungsstellen