„Mit der Muttermilch aufgenommen“

Extra / 19.06.2016 • 19:17 Uhr
40 Verlage lehnten Kramers erstes Buch „Am Ende der Welt traf ich Noah“ ab, bis sie endlich eine Zusage bekam.
40 Verlage lehnten Kramers erstes Buch „Am Ende der Welt traf ich Noah“ ab, bis sie endlich eine Zusage bekam.

Autorin Irmgard Kramer erzählt von ihrem Karrierewechsel und von neuen Projekten.

alberschwende. Spannende Geschichten schreiben – für Irmgard Kramer hat es nie etwas Schöneres gegeben. Doch erst als sie ihren Beruf als Lehrerin aufgab, konnte sie sich endlich voll und
ganz ihrer Leidenschaft widmen. Auf der „Buch am Bach“ lässt Kramer die Zuhörer an einigen ihrer Werke teilhaben.

Sie haben 2011 nach 19 Jahren als Lehrerin gekündigt, um Autorin zu werden. Wie war es für Sie, diesen Schritt zu gehen?

Kramer: Die Entscheidung ist schon Jahre zuvor gefallen. Ich hatte keine Lust mehr zu unterrichten und wurde immer unglücklicher. Da habe ich beschlossen, ein Sabbatjahr einzulegen. Bevor ich das aber machen konnte, musste ich noch drei Jahre arbeiten. Ich begleitete meine Erstklässler bis zur vierten Klasse und verließ dann mit ihnen gemeinsam die Schule. Nach meinem Sabbatjahr habe ich gekündigt. Das war eine schwere Entscheidung für mich, aber ich war endlich glücklich.

Hatten Sie denn keine Angst vor der Arbeitslosigkeit?

Kramer: Überhaupt nicht, warum hätte ich denn Angst haben sollen? Als Lehrerin hätte ich schnell wieder einen Job bekommen. Das gab mir sicheren Boden unter den Füßen. Wenn ich den Mut gehabt hätte, wäre ich wahrscheinlich schon viel früher Autorin geworden.

Haben Sie auch Vorbilder?

Kramer: Vorbilder sind für mich Autoren, die sich nicht vom Markt kontrollieren lassen und die ihr Ding durchziehen, egal ob es sich verkauft oder nicht. Viele Klassiker, wie zum Beispiel „Herr der Ringe“ wären wahrscheinlich gar nicht entstanden, wenn der Autor sich nicht durchgesetzt hätte.

Welchen Traumberuf hatten Sie als Kind?

kramer: Eine Zeit lang wollte ich unbedingt Lehrerin werden. Später hätte ich gerne etwas mit Film gemacht, aber diese Idee habe ich leider wieder verworfen.

Was würden Sie ihrem jugendlichen Ich raten, wenn Sie es treffen könnten?

Kramer: Scheu dich nicht so vor Konkurrenz. Ich bin oft vor Wettbewerben davongelaufen, was eigentlich keine gute Eigenschaft ist.

Tun Sie sich manchmal schwer, kindergerecht zu schreiben?

Kramer: Ehrlich gesagt, nicht. Als Lehrerin habe ich am eigenen Leib erfahren, was Kinder verstehen und was nicht. Hausaufgabentexte habe ich meistens selber geschrieben, weil meine Schüler die Schulbuchtexte nicht verstanden haben. Ich habe also ein Feingefühl dafür entwickelt.

Sehen Sie das digitale Zeit­alter als Herausforderung für Autoren?
Kramer: Es ist eine riesige Herausforderung. Aber nicht nur für Autoren, unser ganzes Leben wird davon beeinflusst. Viele sind es nicht mehr gewöhnt, Langeweile zu ertragen. Sobald man an der Bushaltestelle steht, zieht man sein Smartphone hervor. Dabei wäre dieses Auf-den-Bus-Warten eine wertvolle Zeit, um sich mit sich selber zu beschäftigen. Viele Leute kennen sich schon gar nicht mehr.

Welche Ihrer Buchfiguren würden Sie gerne treffen?

Kramer: Also am liebsten würde ich allen begegnen – ein Gruppentreffen wäre doch ein Spaß. Aber ich glaube, die Sunny Valentine wäre mir am liebsten. Dann könnte sie mir alles über das sprechende Haus erzählen, in dem sie wohnt.

Haben Sie auch schon Schreibblockaden erlebt?

Kramer: Nein, bisher nicht. Das lasse ich gar nicht erst zu, denn Schreiben ist ja mein Beruf. Meistens arbeite ich an mehreren Projekten gleichzeitig, sodass es immer etwas zu schreiben gibt.

Woher nehmen Sie die Geduld und die Ausdauer, ein Buch zu schreiben?
Kramer: Ich schätze, diese Eigenschaft habe ich mit der Muttermilch aufgenommen. Ich persönlich habe noch nie ein Problem damit gehabt, lange an einer Sache zu arbeiten. Ich brauche mich nicht zu disziplinieren, da das Schreiben mir großen Spaß macht.

Können Sie sich auch vorstellen, Romane für Erwachsene zu schreiben?

Kramer: Ich habe mich schon an mehrere Versuche gewagt, bin jedoch immer wieder gescheitert. Ich versuche es aber weiter und bin fleißig am Ideensammeln.

Was sollte eine angehende Schriftstellerin mitbringen?

Kramer: Ausdauer und Hartnäckigkeit. Viel mehr braucht man gar nicht. Das Handwerk selber kann man lernen, Ausdauer nicht.

Wer waren die Helden Ihrer Kindheit?

Kramer: Das waren natürlich Buchfiguren, wie der Kasperl. Meine größte Heldin war Gretchen Sackmeier.

Ihre derzeitigen Projekte?

Kramer: Im Sommer erscheint der vierte Band der Buchreihe Sunny Valentine „Von Zirkuskanonen und elefantösen Notfällen“. Derzeit schreibe ich an einem Jugendroman.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Kramer: Ich hoffe, dass ich bis dahin immer noch in der Lage bin zu schreiben.

Wenn ich den Mut gehabt hätte, wäre ich wahrscheinlich schon viel früher Autorin geworden.

Irmgard Kramer
„Mit der Muttermilch aufgenommen“

Neuestes Buch

Sunny Valentine – Von Zirkus­kanonen und elefantösen Not­fällen: Band 4

Eines Tages setzt das Haus die Familie Valentine vor die Tür. Es sei unpässlich und möge nicht mehr gestört werden. Sunny erfährt, dass das Haus Fieber hat. Und es gibt nur einen Arzt auf der Welt, der helfen kann. Das Dumme ist nur, dass man ihn nicht finden kann, wenn man ihn sucht – er muss einen selbst finden. Großartig, denkt sich Sunny, als sie plötzlich in einer italienischen Kleinstadt steht und nicht mehr weiterweiß. Glücklicherweise trifft sie auf die Zirkusfamilie Bombastico und ihre Elefanten, die Sunny vielleicht helfen können.

Zur Person

Irmgard Kramer

Lebt als freie Autorin mit ihrem Lebensgefährten im Bregenzerwald und schreibt Bücher für Kinder, Jugendliche sowie für Magazine

Geboren: 1969 in Lustenau

Laufbahn: Bis 2010 Volksschullehrerin und seit 2012 freie Autorin

Auswahlwerke: „Die indische Uhr“, „Am Ende der Welt traf ich Noah“, Buch-Reihe „Sunny Valentine“