Winterernte im Gemüsegarten

Im Verband der Obst- und Gartenkultur Vorarlberg (OGV) heißt Winterzeit Erntezeit.
Hohenems. Fünf Personen aus den Obst- und Gartenbauvereinen absolvieren die Ausbildung zum „Projektgärtner“. Nach „Essen ohne Kilometer“ in Bezau von Isabella Moosbrugger wird jetzt von Nicole Vögel, Sabine Nigsch, Martin Bereuter und Jürgen Marcabruni der „Wintergemüsebau im Ländle“ umgesetzt. „Es eignen sich mehr Gemüse für eine Ernte vom Spätherbst bis zum Frühling, als man vermuten würde. Dazu zählen Klassiker fürs Freiland, die schon den ganzen Sommer auf dem Beet verbracht haben und über den Winter einfach stehen bleiben. Kohlgemüse wie Sprossenkohl, Grünkohl, Butterkohl, Palmkohl, Ewiger Kohl, Zierkohl, Lauch oder Zuckerhut zählen zu den extrem frostfesten Wintergemüsearten. Sie werden ab April angebaut und ab Juni ausgepflanzt. Weniger robust, aber in milderen Wintern auch durchaus gut nutzbar sind Mangold, Brokkoli, Endivie oder Knollensellerie“, weiß OGV-Vizechefin Renate Moosbrugger.
So wird’s gemacht!
„Man verwendet mehrjährige und frostfeste Salatkräuter“, führt Renate Moosbrugger aus. „Sie stehen im Garten auf einem fixen Platz, bilden nach Jahren kräftige Stöcke, die auch immer wieder geteilt werden können und werden fast ganzjährig beerntet. Dazu eignen sich besonders gut die Ampfer und Spezialzwiebelgewächse wie die Winterheckenzwiebel oder der Schnittknoblauch. In Italien ist der Stridolo-Salat ein beliebtes Frühlingsgemüse. Die länglichen, jungen Blätter werden für Risottos, Omletten oder im Salat verwendet. Dieses Gemüse wächst bei uns auch mehrjährig und ist winterhart. Hat man einen Frühbeetkasten oder sogar ein Gewächs- oder Folienhaus zur Verfügung, eröffnen sich noch zahlreiche zusätzliche Möglichkeiten. Außer dem Klassiker Vogerlsalat kann man dann auch noch ab August Asia-Salate, Rucola, Winterportulak, Barbarakresse oder Hirschhornwegerich aussäen. Bei den Gartensalaten eignen sich vor allem Baby-Leaf-Sorten, die raschwüchsig und frostfester sind. Auch Pflücksalate wie Lollo rossa/bionda oder Eichblattsorten sind eher zu empfehlen als der klassische Kopfsalat.“
Friert der Bestand in kalten Winternächten auch im Kasten oder Gewächshaus ein, gilt es folgendes zu berücksichtigen: Die Blattrosetten liegen dann zwar flach am Boden und sehen sehr glasig aus, aber nach langsamem Auftauen der Blätter – wenn tagsüber die Sonne scheint – sind sie wieder frisch und unverletzt, informiert der OGV alle Gartenfreunde. Gefrorene Salatblätter dürfen nicht gedrückt oder mechanisch belastet werden. Dann zerstören nämlich Eiskristalle das zarte Blattgewebe, was Schwarzverfärbungen und Matschigwerden zur Folge hat. Generell muss man im geschützten Bereich auf eine ausreichende Lüftung achten, um Pilzkrankheitsinfektionen zu vermeiden. Lüften und sparsames Gießen sind im Winter wesentlich wichtiger als das Heizen.
Unterirdische Speicher
„Wurzel- und Knollengemüse wie Topinambur, Erdmandel oder Knollenziest bilden unterirdische Speicherorgane, die laufend während des Winters geerntet werden können“, weiß Renate Moosbrugger. „Im Boden haben sie die besten Lagerbedingungen. Ist dieser fest gefroren, muss man aufs Tauwetter warten. Eine Möglichkeit zur witterungsunabhängigen Ernte ist der Anbau im Topf oder Kistchen. Diese können bei Frost kurzzeitig in die Wohnung geholt werden, bis die Erde darin aufgetaut ist. Nach der Ernte einzelner Knollen wird die Pflanze wieder ins Freie gebracht. Die klassischen Wurzelgemüse wie Karotten oder Pastinake müssen zur Herbst- und Winterlagerung in den Erdkeller oder Kühlraum. Bundkarotten aber, können mitsamt ihrem frischen Grün auch mitten im Winter aus dem Frühbeetkasten geerntet werden, wenn man sie zeitgerecht, nämlich spätestens Anfang bis Mitte August, angebaut hat. Insgesamt fanden wir in unseren Versuchen an der Versuchsstation Zinsenhof der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau mehr als 70 verschiedene Gemüsearten, die sich als voll wintertauglich erwiesen. Denn viele Gemüsearten sind wesentlich frostfester als es in unseren Lehrbüchern steht“, sagt Renate Moosbrugger. 77 Wintergemüse wird der Experte Wolfgang Palme am Mittwochabend in Hohenems vorstellen.
Viele Gemüsearten sind viel frostfester als bisher bekannt.
renate moosbrugger


Vortrag „Wintergemüse“ von DI Wolfgang Palme, Mittwoch 5. Juli, 19 Uhr, BSBZ Hohenems, www.ogv.at