Emissionshandel als Klimaretter

Prof. Hanjo Allinger sprach von einem kraftvollen Instrument, das es zu stärken gilt.
bregenz Bäumchen pflanzen war gestern, heute ist es der Emissionshandel, der das Klima retten bzw. dafür sorgen soll, dass die globale Erwärmung nicht über 1,5 Grad steigt. Ein Experte auf diesem Gebiet ist Prof. Hanjo Allinger, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Deggendorf und Geschäftsführer von CAP2, einem Unternehmen, das Verschmutzungsrechte über eine Stiftung aufkauft und sie damit quasi unschädlich macht. “Unsere Idee, europäische Emissionsrechte für immer vom Markt zu nehmen, halte ich im Moment für die einfachste Geschichte, die gleichzeitig am besten funktioniert”, erklärte Allinger beim Wirtschaftsforum. Er sprach sich dafür aus, dieses “kraftvolle Instrument des europäischen Emissionshandels zu stärken” und auf noch mehr Sektoren auszuweiten. Als Beispiele nannte er den Verkehrs- und Immobiliensektor.
Corona half mit
Laut dem Experten besteht durchaus eine realistische Chance, das Ziel von maximal 1,5 Grad globaler Erwärmung noch einhalten zu können. “Wir müssen jedoch konzentriert weitergehen.” Die Pandemie hat dabei zumindest ein bisschen geholfen, wiewohl damit auch enorme Produktionsausfälle verbunden waren. Im Coronajahr 2020 konnten die CO2-Emissionen im Vergleich zu 2019 um 7,4 Prozent reduziert werden. Für 2021 kamen die Berechnungen auf einen ähnlich hohen Wert. Er würde reichen, um auf die anvisierten 1,5 Grad zu kommen. Ob nach Corona das Pendel wieder in die andere Richtung ausgeschlagen ist, steht allerdings noch nicht fest. “Da müssen wir abwarten”, räumt Hanjo Allinger ein, ebenso, dass Klimaschutzmaßnahmen viel früher konsequenter hätten betrieben werden müssen. Von der derzeit stattfindenden Klimakonferenz in Ägypten erwartet er sich nicht allzu viel, aber: “Seit der Kyoto-Konferenz sind diese internationalen Zusammenkünfte zumindest stärker ins Bewusstsein gedrungen.” Jahrelang waren dem Experten zufolge zu viele Emissionsrechte am Markt, nicht zuletzt um auch politische Ziele zu erreichen. “Das führte dazu, dass diese Rechte nie wirklich knapp wurden und der Preis zu niedrig lag”, erklärt Allinger.
Automatische Löschung
Das änderte sich 2009, als ein automatischer Löschmechanismus eingeführt wurde, der überschüssige Verschmutzungsrechte jedes Jahr eliminiert. Aktuell sind 1,5 Milliarden solcher Rechte am Markt, vorher waren es fast zwei Milliarden. Der Preis dafür, eine Tonne CO2 emittieren zu dürfen, stieg von 30 auf 80 Euro. “Da rechnen sich Investitionen in den Klimaschutz dann schon”, sagt Allinger, betont jedoch gleichzeitig: “Will ich meinen CO2-Fußabdruck kompensieren, muss ich mehr tun, als Bäume pflanzen, nämlich sicherstellen, dass irgendwo anders wirklich weniger emittiert wird.” Klimaschutz funktioniere nicht, wenn anderen Staaten ihre Selbstverpflichtung zur Reduktion abgenommen würde.
Internationale Solidarität
Die Frage, ob sich ärmere Staaten den Klimaschutz überhaupt leisten können, stellt sich für Hanjo Allinger nicht: “Sie müssen. Sie haben keine Wahl.” Natürlich koste Klimaschutz viel Geld, aber, stellt er die Gegenfrage: “Was kostet es, keinen Klimaschutz zu betreiben?” Alle ökonomischen Modellrechnungen sind sich demnach einig, dass nichts zu tun letztlich viel teurer kommt. Für Allinger ist klar: “Die armen Länder brauchen Hilfe von den reichen Staaten”, redet er einer internationalen Solidarität das Wort. Abgesehen davon steht ohne entsprechende Maßnahmen auch die Gesundheit der Menschen auf dem Spiel. Vor allem Herz-Kreislauf- sowie Atemwegserkrankungen würden zunehmen.
Zur Person
Prof. Hanjo Allinger
unterstützt durch Stilllegung von Emissionsrechten die Klimaneutralität
Geboren 1973 in Aachen
Ausbildung Studium der Volkswirtschaftslehre und Philosophie
Laufbahn Professur an der Hochschule Deggendorf, Geschäftsführer der CAP2, Leiter des Forschungsinstituts INWISO