Bewegung und Übergewicht abbauen

Gesund / 07.06.2013 • 10:08 Uhr
Primar Heinz Drexel erwies sich einmal mehr als kompetenter Referent. Foto: VN/Paulitsch
Primar Heinz Drexel erwies sich einmal mehr als kompetenter Referent. Foto: VN/Paulitsch

Diabetes ist in hohem Maße eine Lebensstil-erkrankung. Eigeninitiative gefordert.

Wolfurt. (VN-mm) Er hat sich den zweifelhaften Ruf einer Volkskrankheit wohl verdient: Weltweit leiden heute schon 350 Millionen Menschen an Diabetes mellitus. Und ein Ende der Seuche ist nicht abzusehen. Übergewicht sowie Bewegungsmangel sind die Hauptursachen für diese ungute Entwicklung. Erbliche Komponenten und das Alter spielen ebenfalls eine Rolle. Gefährlich ist vor allem der Typ-2-Diabetes, weil er langsam und schleichend auftritt und deshalb zu gravierenden Spätschäden führen kann. Es gibt jedoch Möglichkeiten, die Krankheit in den Griff zu bekommen. Das erfordert aber Eigeninitiative.

Zucker gehört in die Muskeln

Auf gut Deutsch heißt Diabetes mellitus „honigsüßer Durchfluss“. Denn charakteristisch für die Erkrankung ist Zucker im Harn. Bei einer normalen Blutzuckerregulation transportiert das von der Bauchspeicheldrüse produzierte Hormon Insulin den Zucker in die Muskeln. „Dort gehört er hin“, so Primar Dr. Heinz Drexel vom LKH Feldkirch. Ist die Regulation gestört, bleibt der Zucker im Blut und lagert sich im Fett ab, das wiederum resistent gegen Insulin ist. Das heißt: Bei Insulin-Mangel oder einer reduzierten Wirkung von Insulin kommt es zu einem Anstieg des Blutzuckers. Die Folgen sind Müdigkeit, Durst, weil Zucker dem Körper Wasser entzieht, sowie eine Harnflut, wenn das Wasser vom Blut über die Nieren ausgeschieden wird. „Diese Beschwerden treten aber nur bei einem ausgeprägten Diabetes auf, bei leichten Formen nicht“, mahnte der Internist regelmäßige Blutzuckermessungen etwa im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen an. Nicht grundlos, denn Diabetes kann massive Schäden an kleinen und großen Gefäßen verursachen. Dazu zählen Nierenschäden, Nervenstörungen, Schäden an den Augengefäßen, Herzinfarkt, Schlaganfall und Fußprobleme.

Bei Diabetes muss zwischen Typ 1 und Typ 2 unterschieden werden. „Beim Typ-1-Diabetes handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Es besteht ein absoluter Insulinmangel“, erläuterte Primar Dr. Bernhard Föger, Internist im LKH Bregenz. Typ-1-Diabtes trifft vorwiegend jüngere Personen mit normalem Gewicht. Und: Die Krankheit kommt schnell. Im Gegensatz zum Typ-2-Diabetes, der vor allem durch Übergewicht bedingt ist und sich schleichend einstellt. „Bei einem Viertel der Patienten werden bei der Erstdiagnose bereits Schäden festgestellt“, verdeutlichte Föger.

Akutproblemen vorbeugen

Um Folgen wie Amputationen von Gliedmaßen oder koronare Herzerkrankungen zu vermeiden muss laut dem Internisten auch den Akutkomplikationen vorgebeugt werden. Unter- und Überzuckerung sind tunlichst zu vermeiden. Im Falle einer leichten Unterzuckerung helfen Traubenzucker, ein Glas Fruchtsaft oder Limonade ergänzt durch ein bis zwei langsam wirkende Broteinheiten, z. B. zwei Schwarzbrotscheiben. Ungeeignet sind Diabetikerprodukte, Light-Getränke, Alkohol, Schokolade oder Milch. Bei einer schweren Form der Unterzuckerung gibt es nur eines: Notarzt rufen, Atemwege freimachen, den Patienten in eine stabile Seitenlage bringen und, wenn verordnet, das Diabetesmedikament verabreichen. „Keinesfalls eine Flüssigkeit einflößen“, so die Warnung des Arztes. Bei beiden Diabetesformen wichtig ist eine gute Blutzuckereinstellung.

Drei Schlüsselwörter

Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes sind die Behandlungsmöglichkeiten klar: Sie brauchen Insulin und eine entsprechende Ernährung. Jene mit Typ-2-Diabetes können viel selbst zu einer Besserung beitragen. Vor allem durch die Änderung des Lebensstils. Die drei Schlüsselwörter sind Bewegung, Ernährung und Gewichtskontrolle. Bei Letzterem gelte es jedoch, sich realistische Ziele zu setzen. „Fünf Prozent sind schon super“, so Bernhard Föger. Chirurgische Eingriffe zur Gewichtsreduktion bezeichnete er als „letztes Mittel“.

Neben einer Senkung des Blutzuckers sind bei Diabetes auch das Cholesterin und der Blutdruck im Auge zu behalten. Sie leisten nämlich einen wesentlichen Beitrag zu möglichen Gefäßschäden. Der Blutdruck lässt sich ebenfalls mit Bewegung und Gewichtskontrolle im Griff halten. Zusätzlich können Medikamente helfen. Die medizinische Empfehlung: Maximal 130 beim „oberen“ und 80 beim „unteren“ Blutdruck. Beim Cholesterin gelten die gleichen Präventionsmaßnahmen. Seit 2012 gilt ein LDL-Cholesterin, das ist das „schlechte“, von unter 70 als optimal.

Mit Irrtümern aufgeräumt

Abschließend räumte Primar Dr. Heinz Drexel noch mit drei Irrtümern im Zusammenhang mit Diabetes auf:

Zucker essen macht zuckerkrank: Das ist falsch. Übergewicht und Bewegungsmangel sind die Übeltäter.

Es kommt darauf an, was man isst: Auch das ist falsch. Es zählt, wie viel man isst.

Um die Gefäße zu schützen reicht es, den Blutzucker zu senken. Stimmt ebenfalls nicht. Auch Blutdruck und schlechtes Cholesterin müssen runter.

Zu guter Letzt gab es noch harte Fakten: 4 von 10 Diabetes-Betroffenen müssen keine Gliedmaßen amputiert werden, 4 bekommen keinen Schlaganfall, 5 keinen Herzinfarkt, und fünf sterben nicht in 13 Jahren, wenn, ja wenn sie beherzigen, was die Experten raten.