An die Intensivmedizin werden oft hohe Erwartungen gestellt

Ärzte legen beim Mini Med Studium am Mittwoch in Wolfurt ihre Sicht der Dinge dar.
Wolfurt. (VN-mm) Die Medizin leistet heutzutage mitunter fast Übermenschliches. Todkranke oder Schwerstverletzte werden ins Leben zurückgeholt und sehr oft auch wieder geheilt. Doch dieses Kunststück gelingt nicht immer. Zurück bleiben Patienten mit lebenslangen Beeinträchtigungen. Da stellt sich mitunter die Frage, wie weit kann oder darf Intensivmedizin gehen. Die Sicht der Ärzte legen Primar Dr. Guntram Winder und Primar Dr. Harald Sparr beim Mini Med-Vortrag am Mittwoch, 6. November, im Cubus in Wolfurt dar.
Aufwendige Ausstattung
Die Intensivmedizin ist ein medizinisches Fachgebiet, das sich mit der Vorbeugung, Erkennung und Behandlung lebensbedrohlicher Zustände und Erkrankungen befasst. Die Durchführung intensivmedizinischer Maßnahmen erfordert baulich und gerätetechnisch aufwendig ausgestattete Stationen (Intensivstationen). „Behandlungsteams bestehen aus Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen und speziell ausgebildeten Pflegekräften sowie einer Reihe weiterer Berufsgruppen, die sich um die schwer kranken Patienten kümmern“, erklärt Dr. Harald Sparr, Leiter der Anästhesie und Intensivmedizin im Krankenhaus Dornbirn. Aufgrund des hohen Betreuungsaufwands ist eine Fachpflegekraft für nicht mehr als 1 bis 3 Patienten zuständig.
In Vorarlberg wurde die Intensivmedizin vor etwa 40 Jahren mit der Eröffnung des Landesunfallkrankenhauses Feldkirch begründet. Das Krankenhaus der Stadt Dornbirn verfügt seit 2006 über eine modernst eingerichtete interdisziplinäre Intensivstation. „Sie ist der gelungene Beweis dafür, wie zwei Abteilungen, nämlich Anästhesie und Innere Medizin, zum Wohle der Patienten zusammenarbeiten können“, so Chefarzt Dr. Guntram Winder. Insgesamt stehen in Vorarlberg derzeit 78 Intensivbetten, das sind 3,8 Prozent aller Spitalsbetten, zur Verfügung. Die meisten (33) stehen im LKH Feldkirch. In Dornbirn und Bregenz gibt es jeweils eine interdisziplinäre Intensivstation mit acht Betten.
Zuwendung und Nähe
Die moderne Intensivmedizin kann viel. Zunehmend werden große Operationen bei alten Patienten mit schwerwiegenden Begleiterkrankungen durchgeführt. „Ohne die Möglichkeiten der modernen Intensivtherapie wären viele dieser Eingriffe nicht möglich“, so Winder. Mit Technik alleine wird ein schwer kranker Intensivpatient aber auch nicht gesund. Mindestens ebenso wichtig ist laut Harald Sparr die menschliche Zuwendung durch Pflege, Ärzte und Angehörige. Deshalb lege man großen Wert auf Nähe zum Patienten und menschliche Zuwendung. „Ein großes Anliegen ist es uns auch, Angehörige zu begleiten und in den Pflegeprozess einzubeziehen“, betont Winder.
Gestiegene Erwartungen
Speziell in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten haben sich die Möglichkeiten der Lebenserhaltung mit technischen und medikamentösen Mitteln stark weiterentwickelt. Gewachsen damit sind auch die Erwartungen der Bevölkerung an die Erfolgsaussichten einer Behandlung. „Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass intensivmedizinische Maßnahmen für Patienten und Angehörige eine Belastung darstellen und nicht in jedem Fall zur Gesundung führen“, betont Sparr. Entscheidend sei die Frage, was mit der Intensivbehandlung für den Patienten erreicht werden kann und soll. Heute ist eine Lebensrettung um jeden Preis nicht mehr das erklärte Ziel. In den Vordergrund tritt mehr und mehr die Frage der Lebensqualität. Darüber hinaus beeinflussen auch rechtliche und politische Veränderungen die Praxis der Intensivmedizin. Der österreichische Gesetzgeber hat in den letzten Jahren das Selbstbestimmungsrecht der Patienten durch Instrumente wie die Patientenverfügung gestärkt.
Orientierungshilfen
Als Orientierungshilfen dienen ethische Grundprinzipien wie das Wohl des Patienten, Respekt vor dessen Selbstbestimmung sowie Gerechtigkeit. Im Krankenhaus Dornbirn haben sich überdies klinisch-ethische Fallbesprechungen in Grenzsituationen, die heuer eingeführt wurden, für die Behandlungsteams als hilfreiches Werkzeug erwiesen.
Mini Med
Lebensrettung oder Leidensverlängerung? Möglichkeiten und Grenzen der Intensivmedizin aus Sicht der Ärzte
Referenten: Primar Dr. Guntram Winder, Innere Medizin, Primar Univ.Prof. Dr. Harald Sparr, Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin, KH Dornbirn
Termin: 6. November 2013, Cubus Wolfurt
Beginn: 19 Uhr, Einlass ab 18 Uhr
Eintritt frei