Mit gesundem Hausverstand leben

Gesund / 11.04.2014 • 11:45 Uhr
Das zahlreich erschienene Publikum folgte aufmerksam den Ausführungen des Experten aus Tirol.
Das zahlreich erschienene Publikum folgte aufmerksam den Ausführungen des Experten aus Tirol.

Bakterien und Viren sind ständige Begleiter. Doch der Mensch kann sich schützen.

Feldkirch. (VN-mm) Es war ein informativer, kurzweiliger und wohl auch überzeugender Vortrag. „Früher habe ich Impfungen immer nur als Geschäft für die Pharmafirmen abgetan. Nach Ihren guten Erklärungen denke ich anders darüber“, lobte eine Mini Med-Besucherin die Darstellungen von Univ.-Prof. Dr. Reinhard Würzner. Der stellvertretende Leiter der Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie an der MedUni Innsbruck war extra aus Tirol angereist, um über den täglichen Krieg im Körper aufzuklären. Und er machte das gut. Die mit Bildern aus Horrorfilmen unterlegten Darstellungen leiteten das Publikum auf anschauliche Art durch einen höchst interessanten Abend.

Die richtige Ausrüstung

Fast jeder kennt es, das Getier, das sich in Hollywood-Schockern auf dem Bildschirm tummelt und gefräßigen Blicks über die unbedarfte Menschheit herfällt, welche sich wiederum mit Zähnen und Klauen verteidigt und nach der Achillesferse des Feindes trachtet, um den zu erledigen. Das Gleiche passiert, wenn der Mensch das Immunsystem gegen Viren und Bakterien aufrüstet. „Auch er versucht, den Gegner an seiner verwundbarsten Stelle zu treffen“, verdeutlichte Reinhard Würzner.

Doch welche Ausrüstung ist für diese Armee die richtige? Der Fachmann wusste sie in einem Satz aufzulisten: „Gesundheitliches Wohlbefinden, körperliche Fitness, eine gesunde Umgebung, genügend Schlaf, die ideale Kleidung, ein guter Ausgleich zwischen trocken und feucht, Alkohol in Maßen, kein Nikotin und keine Drogen.“ So kann etwa schon zu wenig Schlaf die Abwehrkraft des Immunsystems beeinträchtigen. Laut Würzner lauern Bakterien und Viren ständig drauf, eine Attacke reiten zu können. „Wenn Sie nach dem Duschen mit nassen Haaren ins Freie gehen, schwächen Sie das Immunsystem auch“, nannte er ein weiteres Beispiel.

Hygienemaßnahmen

Eine wesentliche Rolle spielt die Hygiene. Im persönlichen Bereich empfahl der Mediziner, die Hände öfter mit Seife zu waschen, besonders in Influenzazeiten. Denn: „Das Virus wird weniger durch Anhusten als vielmehr durch Händeschütteln übertragen.“ Auch die Verwendung von Einmalhandtüchern bzw. Einmaltaschentüchern sowie das Niesen in die Armbeuge tragen zum Schutz bei. Ebenso das Meiden von Menschenansammlungen während einer Epidemie. Augenmerk braucht ebenso die Lebensmittelhygiene. „Rohe Lebensmittel sind eine potenzielle Gefahr“, betonte der Arzt. Das Erhitzen reduziert die Mikroorganismen, die in den Körper eindringen können.

Smoggebiete sollten auch gemieden werden. Zwar geht dort selbst Krankheitserregern die Luft aus, doch den Menschen tut der Dreck noch schlechter. „Nach Hausverstand leben“, lautete die allgemeine Empfehlung, bevor Würzner zu den spezifischen Strategien gegen Bakterien und Viren überleitete.

Impfausstattung

Dazu zählen in erster Linie die Impfungen. Das Immunsystem von Säuglingen verfügt über einen von der Mutter mitgegebenen „Nestschutz“. Der ist nach gut einem halben Jahr jedoch aufgebraucht. Dann muss sich das Immunsystem mit unbekannten Erregern herumschlagen. Impfstoffe bestehen „aus kleinen Teilen der Monster“, wie es Würzner plakativ formulierte. Diese werden dem Immunsystem quasi zwecks Übung angeboten. Die Waffe besteht darin, bestimmte Oberflächenbestandteile des Erregers zu erkennen und ihn dadurch zu eliminieren.

An Impfausstattung empfahl der Fachmann 3 Basis-impfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Polio (Vierfach-Impstoff), Hepatitis A und B sowie gegen die Zeckenkrankheit FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis). „Es erkrankt zwar nur jeder 200. an einer schweren Gehirnhautentzündung. Aber wissen Sie sicher, ob nicht gerade Sie das sind?“, fragte Reinhard Würzner ins Publikum. Der Satz regte sichtlich zum Nachdenken an. Die gute Botschaft: Auch wenn eine Impfung schon lange zurückliegt, braucht es in der Regel nur eine Auffrischung. Das Immunsystem ist nämlich wie ein Elefant, es vergisst nicht.

Neue Meningokokken-Impfung

Als Impf-Zusatzpaket für die jüngere Generation nannte der Referent die Masern-Mumps-Röteln-Impfung. Masern können bis 45 gratis nachgeimpft werden. Seit diesem Monat verfügbar ist eine Impfung gegen Meningokokken B. Sie gilt als ideal für Säuglinge und junge Erwachsene bis 25 Jahren. Für andere Stämme gibt es einen Vierfach-Impfstoff. Die durch Meningokokken ausgelöste Gehirnhautentzündung endet nicht selten tödlich. Typisch für die Erkrankung sind kleine Hautblutungen, die sich nicht mehr wegdrücken lassen. In solchen Fällen heißt es schnell handeln, denn Betroffene können innerhalb weniger Stunden sterben.

Auch die Impfung gegen Humane Papilloma Viren (HPV) steht auf der Empfehlungsliste ganz oben. Sie stelle aber keinen Ersatz für die Krebsvorsorge dar, mahnte Reinhard Würzner.

Schutz durch Wiederholung

Über 50-Jährige sollten sich regelmäßig gegen Influenza sowie einmal gegen Pneumokokken und Zoster (Gürtelrose) impfen lassen. Die vorbeugende Gabe von Antibiotika bei Influenza macht laut Würzner allerdings keinen Sinn. Wenngleich die Influenza-Impfung bei älteren Personen nur zu 75 Prozent wirkt, lässt sich durch eine jährliche Wiederholung der Impfschutz durchaus steigern. Was Nebenwirkungen betreffe überwiege der Nutzen das Risiko deutlich. Reinhard Würzner verglich die ganze Sache mit dem Autofahren: „Sie haben den Gurt vielleicht noch nie gebraucht, legen ihn aber trotzdem bei jeder Fahrt an.“

Univ. -Prof. Reinhard Würzner referierte ebenso sachkundig wie humorvoll.
Univ. -Prof. Reinhard Würzner referierte ebenso sachkundig wie humorvoll.