Ein Test misst „gefährliche“ Proteine

Bei chronischen Erkrankungen ist das gute Cholesterin kein verlässlicher Marker.
Wien. Eine aktuelle Studie der MedUni Wien zeigt, dass Veränderungen am „guten Cholesterin“ HDL (High Density Lipoprotein) mit HerzKreislauf-Erkrankungen assoziiert sein können: Durch die Entwicklung eines neuartigen Labortests konnten Wissenschaftler erstmals zeigen, dass das Vorhandensein von bestimmten Proteinen im HDL zu einem erhöhten Herz-Kreislauf-Risiko und einer erhöhten Mortalität führen kann.
Schlechtere Prognose
HDL (High Density Lipoprotein) ist eine Proteinklasse, die beim Cholesterinstoffwechsel im Körper eine zentrale Rolle einnimmt. HDL sorgt für den Abtransport des Cholesterins zur Leber, wo es abgebaut wird. Dadurch wird das HDL umgangssprachlich auch als „gutes Cholesterin“ bezeichnet. Ein Team rund um Thomas Weichhart, Marcus Säemann und Chantal Kopecky zeigt in einer Studie an über 1200 Patienten, dass das Vorhandensein von zwei bestimmten Proteinen im guten HDL mit einer schlechteren Prognose bei dialysepflichtigen Diabetikern einhergeht. Die Studie wurde im „Clinical Journal of the American Society of Nephrology” publiziert.
Hohe HDL-Werte gelten im Allgemeinen eigentlich als optimal und sollen vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall schützen. Derzeit wird in der klinischen Praxis allerdings nur die Cholesterin-Menge im HDL (das sogenannte HDL-C) bestimmt und daraus die schützende Wirkung vor künftigen Herz-Kreislauf-Erkrankungen abgeleitet. Dieser Zusammenhang mag bei der gesunden Bevölkerung gegeben sein.
Neue Methoden nötig
Neuere Forschungsergebnisse zeigen aber, dass bei vielen chronischen Erkrankungen wie etwa der koronaren Herzkrankheit, dem Diabetes mellitus oder bei Dialyse-Patienten die HDL-C-Menge im Blut nicht als prognostischer Marker verwendet werden kann. Daher werden neue Methoden benötigt, um das Herz-Kreislauf-Erkrankungsrisiko besser abschätzen zu können. HDL besteht nur zu rund 20 Prozent aus Cholesterin; über 50 Prozent des HDLs setzt sich aus verschiedenen Proteinen zusammen. Und genau diese Proteinzusammensetzung ist bei vielen Erkrankungen verändert. Die Wiener Forscher konnten bereits in einer früheren Studie zeigen, dass vor allem zwei Proteine, nämlich Serum Amyloid A (SAA) sowie Surfactant Protein B (SP-B), im HDL von Dialysepatienten deutlich erhöht sind, und auch dazu beitragen, dass das HDL seine schützende Wirkung verliert.
Eindeutige Ergebnisse
Die Wissenschaftler haben nun einen Test entwickelt, der SAA und SP-B im HDL direkt und schnell messen kann. Mit Hilfe dieses Tests wurde die HDL-Proteinzusammensetzung in über 1200 dialysepflichtigen Diabetikern untersucht. Die Ergebnisse waren eindeutig. Hohe SAA-Mengen im HDL waren mit verstärktem Auftreten von Herzinfarkten assoziiert, während hohe Mengen von SP-B im HDL einen Marker für ein allgemein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko darstellten. Diese Entdeckung könnte die Bewertung von HDL verändern. „Der HDL-C-Wert bleibt weiter wichtig, doch sollte der neue Test künftig zusätzlich eine deutlich präzisere Risikovorhersage für Herz-Kreislauf-Krankheiten ermöglichen“, erklären die Studienautoren, „somit könnte bereits früher therapeutisch durch zum Beispiel eine veränderte Lebensweise eingegriffen werden, um die Gesamtprognose zu verbessern.“
Noch nicht routinemäßig
Derzeit wird der Labortest in anderen Patientenkollektiven evaluiert, um die Erkenntnisse auch bei anderen Krankheiten wie der koronaren Herzkrankheit, bei der auch SAA und SP-B erhöht sind, zu bestätigen. Der Labortest wird noch nicht routinemäßig durchgeführt; gegenwärtig arbeitet eine österreichische Firma an der Markteinführung.