Hans Concin

Kommentar

Hans Concin

Hormone für ältere Männer

Gesund / 25.02.2016 • 18:29 Uhr

Während bei der Frau in der zweiten Lebenshälfte die Bedeutung der Sexualhormone für Gesundheit, Sexualität und Lebensqualität seit Jahrzehnten intensiv beforscht wird, haben entsprechende große kontrollierte Studien bei Männern im Alter von 65+ bisher gefehlt. Bei der Frau kann der natürliche dramatische Abfall der Östrogene um das 50. Lebensjahr zu den typischen Wechselbeschwerden führen. Beim Mann fällt das Sexualhormon Testosteron ab dem 40. Lebensjahr jährlich nur um etwa ein Prozent ab.

Zur Klärung diesbezüglicher offener Fragen beim älteren Mann hat das amerikanische National Institut on Aging (NIA) in Baltimore sieben Studien angeregt und unterstützt. Vor zehn  Tagen wurden die ersten Therapieergebnisse einer Testosteronbehandlung bei Patienten mit niedrigen Ausgangswerten mit Beschwerden veröffentlicht.

Zunächst war zu klären, welche Probleme im Zusammenhang mit einem niedrigen Testosteronspiegel zu sehen sind. Dabei zeigt sich, dass Testosteron einen geringeren, aber konsistenten Einfluss auf Libido, Potenz und sexuelle Aktivität hat, während kein Zusammenhang mit der Vitalität oder körperlichen Leistungsfähigkeit nachgewiesen werden konnte.

Die einjährige randomisierte Therapiestudie mit Testosteron- und Placebo-Gel hat bei Männern im Alter von 65+ mit niedrigem Testosteronspiegel eine Verbesserung der Libido, sexuellen Aktivität und Potenz gezeigt. Einige positive Wirkungen wurden bei Stimmung und Depression festgestellt, während keine Verbesserungen bei der Vitalität und Gehleistung gefunden wurden. Bezüglich Risiko einer Testosteron-Therapie kann noch keine Aussage getroffen werden. Sechs weitere Studien und ihre Ergebnisse sind unterwegs.

In den letzten Jahren hat die Testosteronverschreibung in den USA massiv zugenommen. Es ist eine ähnliche Entwicklung zu befürchten wie bei den klassischen Medikamenten zur Behandlung von Potenzproblemen. Die mit Abstand größten Umsätze erzielen Viagra und Nachfolgepräparate bei jungen Männern ohne Potenzstörungen und nicht in der Zielgruppe der älteren Männer. Hemmend dürfte sich beim Testosteron-Gel allerdings noch der hohe Preis auswirken.

Schon lange werden hoch dosierte injizierbare und orale Testosteronpräparate als Anabolika zum Muskelaufbau von jungen Männern mit verheerenden gesundheitlichen Langzeitfolgen missbraucht. Erfreulich ist, dass die Diagnostik und Therapie von Testosteron-Mangelerscheinungen auf eine breite wissenschaftliche Basis gestellt wird.

Bei einem Testosteronmangel mit spezifischen Beschwerden ist eine Ersatztherapie angezeigt.

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Prim. a. D. Dr. Hans Concin, Präsident aks Verein