Das ist das Urteil für den Sparkassenräuber

Angst vor „Beichte“ veranlasste bislang Unbescholtenen zu Kurzschlusshandlung.
Feldkirch Am Landesgericht Feldkirch findet heute der Strafprozess gegen jenen 39-jährigen Türken statt, welcher am 30.6. dieses Jahres die Sparkassenfiliale in Dornbirn am Sparkassenplatz überfiel.

Die Staatsanwaltschaft schildert den Tathergang folgendermaßen: Der Mann betrat am frühen Nachmittag mit Sturmhaube, Sonnenbrille, Kapuze, Schildkappe, Handschuhen und einer Schreckschusspistole den Schalterraum. Er bedrohte die Kassiererin von hinten mit der Waffe und sagte: „Geld her, des isch an Überfall“. Die Angestellte wollte kein Risiko eingehen und händigte dem bislang Unbescholtenen über 13.000 Euro aus. Danach floh der Mann mit einem E-Scooter. Seinen Fluchtwagen, einen VW Golf, hatte er in der Nähe der ATIB-Moschee geparkt. Mit den Seitentaschen seines Kapuzenpullovers voller Geld fuhr er Richtung Schweiz, wo er bis zur Inhaftierung in Diepoldsau gewohnt hatte. Doch in Widnau war die Flucht zu Ende.
Eindeutige Hinweise
Die Schweizer Behörden wurden in Kenntnis gesetzt und kontrollierten verstärkt im grenznahen Raum. In Widnau fielen den Beamten verdächtige Gegenstände, wie beispielsweise die Sturmhaube im Auto, auf. Außerdem waren die Schuhe auffallend passend zu jenen, die in Dornbirn vom Räuber getragen wurden. Der Verdächtige wurde festgenommen und von den Schweizer Behörden an die österreichischen Behörden ausgeliefert.

Seit der Tat sitzt er in U-Haft. Bei einer Hausdurchsuchung in Diepoldsau fand man die Tatwaffe, die Raubbeute und den E-Scooter. Bislang zeigte sich der Mann reumütig und geständig. Die Anklage ist ausführlich, jedoch nicht besonders lang. Ob der 39-Jährige sie heute vor dem Schöffensenat genauso bestätigt, wird sich zeigen. Der Prozess ist bis Mittag anberaumt, dann muss das Gericht entscheiden, wie die Zukunft für den ehemaligen Angestellten weiter aussieht.
Völlig überrascht
Die Familie, der Mann ist verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von zwei und acht Jahren, ist schockiert. Der 39-Jährige ist in der Schweiz angestellt und verdient mit seiner Frau zusammen pro Monat rund 6000 Schweizer Franken. Doch er muss davon einiges an Krankenversicherung und Steuern bezahlen, an Schulden hat er rund 2000 Euro.

Nach eigenen Angaben verlor der Angeklagte 10.000 Euro beim Glücksspiel, das waren die Ersparnisse für den Sommerurlaub. Die Familie wurde von den Geschehnissen, unter anderem von dem plötzlichen Polizeiaufgebot und der Festnahme des Familienvaters völlig überrascht.
Aus dem Prozess
Der Angeklagte beschreibt in seiner Aussage, wie er damals unter Druck stand. In Liechtenstein habe er mehrmals wöchentlich gespielt. Seine Frau sei dahintergekommen, dass er immer wieder Geld vom gemeinsamen Konto behob. Er belog sie und gab an, dass er das Geld brauche, um sich vom türkischen Militärdienst „freizukaufen“. Seine Frau glaubte ihm nicht. Die Ehekrise habe sich immer mehr zugespitzt, die Frau drohte mit Scheidung, da habe er sogar an Selbstmord gedacht. Unter anderem auch, weil es in seiner Kultur verpönt sei, wenn man Geld im Glücksspiel verprasse. Das habe ihn dann zur Tat getrieben.
Der Angeklagte wird wegen schweren Raubes zu einer unbedingten Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Mildernd war unter anderem das Geständnis, die bisherige Unbescholtenheit, die Sicherstellung der Beute und die bereits bezahlte Entschädigung für das Opfer in der Höhe von 1500 Euro. Staatsanwalt Heinz Rusch kritisierte, dass der Angeklagte versuche, sich selbst als Opfer darzustellen und dabei das wirkliche Opfer, nämlich die Bankangestellte, völlig vergesse. Richter Martin Mitteregger weist in der Urteilsbegründung darauf hin, welche Tragödien „Sucht“ immer wieder auslöst. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.