Hans Concin

Kommentar

Hans Concin

Überraschungen der Gesundheitsforschung

Gesund / 25.01.2018 • 16:52 Uhr

Eigentlich hatten wir die vergangenen 20 bis 30 Jahre geglaubt zu wissen, welche Faktoren von besonderer Bedeutung für die Erhaltung der Gesundheit und ein langes behinderungsfreies Leben sind. Die meisten diesbezüglichen Erkenntnisse verdanken wir Framingham, einer kleinen Stadt westlich von Boston/Massachusetts an der amerikanischen Ostküste. Bald nach dem 2. Weltkrieg hat man dort begonnen, einen Teil der Bevölkerung systematisch zu untersuchen, ihre Lebensgewohnheiten zu dokumentieren und über Jahrzehnte zu beobachten. Dabei hat man erstmals eindeutige Zusammenhänge festgestellt von hohem Blutdruck und Hirnschlag, hohem Cholesterin und Herzinfarkt, Rauchen und Lungenkrebs und vielen anderen Faktoren.

Diese Erfahrungen haben zur Einführung von Vorsorgeuntersuchungen geführt, bei uns in Vorarlberg schon 1972 durch den aks, mit dem Ziel, diese Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen, um rechtzeitig gegensteuern zu können.

Erst kürzlich hat sich herausgestellt, dass ein wesentlicher Faktor bisher viel zu wenig beachtet wurde. Freundschaften und soziale Vernetzung wurden immer schon als günstige Gesundheitsfaktoren angesehen. Dass sie aber genauso bzw. teilweise wichtiger sind als die klassischen Gesundheitsfaktoren Ernährung, Bewegung, Rauchfreiheit, Impfungen, Spiritualität, Unfallverhütung, Bildung und Vermeidung von Armut wurde erst jetzt gezeigt.

Freundschaften und soziale Beziehungen sind nicht nur für die psychische Gesundheit, sondern auch für das Auftreten von Krankheit und Sterblichkeit von Bedeutung. In einer außerordentlich aufwändigen Studie wurden über 300.000 Personen durchschnittlich 7,5 Jahre verfolgt. Erhoben wurden Ausgangslage, Gesundheitsverlauf und Todesursache und diese verglichen mit der Häufigkeit und Qualität von individuellen sozialen Beziehungen.

Männer und Frauen mit einer positiven hohen sozialen Vernetzung haben, grob gesagt, ein um 50 Prozent niedrigeres Erkrankungsrisiko und leben länger. Dieser Zusammenhang ist unabhängig von der Ausgangslage, Geschlecht und Alter. Als besonders wirksam hat sich eine komplexe soziale Integration erwiesen. Das Ausmaß dieses Effekts übertrifft viele bekannte Risikofaktoren wie Fettleibigkeit, körperliche Inaktivität und selbst Rauchen bis zu 15 Zigaretten täglich. Umgekehrt ist Einsamkeit ein beträchtliches Gesundheitsrisiko, dessen man sich bewusst sein sollte.

Die traditionelle (nicht die virtuelle) Gesellschaft und die Unterstützung von Vereinen durch die Politik bieten zahlreiche Möglichkeiten der sozialen Vernetzung, und das vom Sportverein bis zum Kirchenchor, in diesen zwei Beispielen mit noch zusätzlichen gesundheitlichen Vorteilen durch Bewegung bzw. Singen.

„Viele gute Freundschaften und breite soziale Vernetzung sind altersunabhängig ein ausgezeichneter Gesundheitsschutz.“

Hans Concin

hans.concin@vn.at

Prim. a. D. Dr. Hans Concin, Präsident aks Verein