Bio- und Naturkosmetik: Weil wir es uns wert sind

Bio- und Naturkosmetik kann vieles, vor allem aber spielt sie unserer Umwelt zu.
Feldkirch Seit Menschengedenken spielt die Körper- und somit die Schönheitspflege eine wesentliche Rolle in unserem Dasein. Und während vormals das reine Wasser und Essenzen aus der Natur für das Reinigungsritual herangezogen wurden, erfuhr die eigentliche Kosmetik ab dem 19. Jahrhundert eine rasante Entwicklung – immer mehr Inhaltsstoffe wurden entwickelt und vermengt, zusehends chemisch hergestellte Essenzen. Doch mit dem heutigen Trend zum Leben im Einklang mit der Natur gewinnen auch natureigene Pflegemittel für Haut, Haare und Nägel immer mehr an Bedeutung.
Selbst zur Spachtel gegriffen
Annegret, gelernte Kosmetikerin, schwärmt für ihre selbst hergestellten Kosmetika. Nicht zuletzt, weil die 43-Jährige aus der Branche ist, weiß sie um die unzähligen chemischen Bestandteile der kosmetischen Produkte. Doch im Wirrwarr der Ingredienzen fehlte ihr immer mehr der Durchblick: Sie wollte sich und ihre Familie nicht länger mit Stoffen konfrontieren, deren Auswirkungen auf Mensch und Umwelt nicht konsequent erforscht und bekannt sind. Sie fasste sich ein Herz, recherchierte und begann mit natürlichen Stoffen zu experimentieren.
Anfangs mixte sie aus Kokosfett, Natron und Maisstärke ihr eigenes Deo. Heute reicht ihr Naturkosmetiksortiment von Badezusatz, Körperbutter über Gesichtsöl bis hin zur Zahnpasta. Dabei legt sie großen Wert auf die Herkunftsquellen der Zutaten – sie kauft sie entweder in ausgewiesener Bioqualität, entnimmt sie ihrem Kräutergarten oder direkt aus der Natur. Heute weiß sie, womit sie ihren Körper pflegt und vor allem auch, welche Wirkung die Stoffe haben.
Definition
Dass auch die Schönheitsindustrie den Trend zu Umweltbewusstsein und mithin zur Naturkosmetik längst erkannt hat, beweisen die zahlreichen ausgewiesenen Produkte in den Verkaufsregalen. Doch was bedeutet oder besser beinhaltet Naturkosmetik überhaupt?
Generell versteht man darunter Produkte, die aus natürlichen tier- und umweltfreundlichen Rohstoffen hergestellt werden und bei deren Inhaltsstoffen ganz oder großteils auf synthetische Bestandteile verzichtet wird.
Bis heute gibt es aber keine rechtlich verbindlichen Standards für Naturkosmetik. In Österreich bildet das Österreichische Lebensmittelbuch (Codex Alimentarius Austriacus) die Definitionsgrundlage. Dort wurde festgelegt, dass alle Inhaltsstoffe pflanzlichen, mineralischen wie auch tierischen Ursprungs sein sollen. Darüber hinaus werden auch die Gewinnung und Weiterverarbeitung genau definiert, ebenso die erlaubten Zusatzstoffe wie Konservierungsmittel und Emulgatoren. Für Biokosmetika gelten generell dieselben Kriterien, dazu kommen zusätzliche Anforderungen für biologische Produkte – unter anderem ist ein biologischer Mindestanteil der Ingredienzen vorgeschrieben.
Ausweisung
Da für den Begriff Natur- und Biokosmetik auch auf internationaler Ebene kein einheitliches, geschütztes Siegel existiert, treten unterschiedlichste Ausweisungen dieser Produkte auf. Eine Orientierungshilfe bieten da unabhängige Zertifizierungsstandards wie das Bio-Austria-Siegel und internationale Zertifikate wie Nature, BDIH oder ICEA. Auch haben europäische Zertifizierungsorganisatoren den COSMOS-Standard definiert: Dabei schrieben sie sich in Sachen Zertifizierungsverfahren für Natur- und Bioskometik einheitliche Kriterien auf die Fahnen. So dürfen die Produkte etwa keine hormonell wirksamen Chemikalien, synthetischen Duft- oder Farbstoffe, synthetischen UV-Filter, Silikone, Nanopartikel, Paraffine oder andere Erdölprodukte und mehr enthalten.
Reiches Ländle
Doch was wäre ein vergrößertes Angebot ohne verstärkte Nachfrage? Unlogisch. Dementsprechend sieht auch die Verbraucherakzeptanz aus: Der Marktanteil der Natur- und/oder Biokosmetik am gesamten Kosmetikmarkt konnte sich in den vergangenen Jahren knapp 9 Prozent steigern, Tendenz stark steigend. Dabei haben sich nicht nur Green-Nischenmarken, sondern auch verstärkt Luxuslabels oder Drogerien und Drogerieketten auf die grüne Kosmetik eingeschworen.
Erfreulich ist hier insbesondere, dass das kleine Vorarlberg mittlerweile auf nicht wenige Hersteller von Naturkosmetika in Bioqualität zählen kann. Diese schwören dann auf Inhaltsstoffe, die, wie beschrieben, aus eigenem Anbau oder von zertifizierten Zulieferern stammen.
So scheinen Ingredienzen wie natürliche und ätherische Öle, Kräuterextrakte, natürliche Duftstoffe, Blütenwasser, Bienenwachs oder Fette wie Kokosfett, Kakao- oder Sheabutter und viele mehr auf. Ein weiterer Vorteil bringt die Nachvollziehbarkeit der Produktion mit sich; nicht unwesentlich ist auch die großteils nachhaltige Verpackung aus recycelbaren Materialien wie Karton oder Glas.
Gewissheit, was drinnen ist
Die Verwendung von Essenzen aus der Natur bringt somit nicht nur das gute Gefühl, umweltfreundlich und nachhaltig zu agieren, mit sich. Außerdem kommen Cremen, Gesichtswasser, Lippenbalsame, Duschgels, Badesalze oder -öle, Shampoos, Zahncremen oder auch Sonnencremen, Haarfarben, Make-up-Produkte natürlichen, biologischen Ursprungs der Gesamtheit des Körpers und somit der Gesundheit zugute. Bei Naturkosmetik ist zudem von vorneherein definiert, welche Stoffe in welcher Weise wirken, und somit kann das Produkt ganz individuell ausgewählt werden.

Gute Gründe für Naturkosmetik
In unserem kosmetischen Alltag bedienen wir uns bis zu zehn verschiedener Kosmetikprodukte. Bei Verwendung herkömmlicher Produkte kann nun der eine oder andere nicht gesundheitsfördernde Stoff unter den unzähligen, für den Laien meist nicht definierbaren Inhaltsstoffen sein, darunter mitunter Parabene oder Mineralöle, die gar im Verdacht stehen, krebserregend zu sein.
Schützend
Zwar schäumen Bio-Duschgele, -Badeöle oder Shampoos (fast) nicht, doch mit Blick auf das Ganze ist die Entscheidung für natürliche Produkte leicht gefasst: Denn was stark schäumt, trocknet auch dementsprechend aus und nimmt unserer Schutzschicht, der Haut, nicht nur den Schmutz, sondern auch die wichtige Portion Fett. Natürliche Produkte hingegen legen noch eine Schicht oben drauf, wie etwa Badeöle.
Entlastend
Apropos Umwelt: Nicht zuletzt, weil uns bewusst ist, dass Mikroplastik vieles, auch unsere Meere und somit Fauna und Flora belastet, ist der Griff zu natürlichen Varianten eine logische Folge. Auch künstlich hergestellter Glitter steht im Belastungsverdacht: Unsere Abwasseraufbereitungsanlagen vermögen es nämlich nicht, die winzigen Partikel herauszufiltern, und so gelangen diese wiederum in den natürlichen Kreislauf und schaden Tieren und Pflanzen.
Duftend
Natürliche Deos können zwar nicht die umfassende Wirkung von herkömmlichen (Unterdrückung der Schweißproduktion) erzielen, doch legen sich die natürlichen Düfte auf den Körpergeruch und sorgen so für ein angenehmes Gefühl.
Natürlich
In Sachen Haarfarbe steht die Natürlichkeit im Vordergrund: Natürliche Haarfarben können kein Blond aus Schwarz machen, kein Pink oder Blau hervorzaubern, sie orientieren sich an der Ausgangsfarbe. Doch sie legen sich geschmeidig um die Haartextur und fügen dem Haar somit keinen Schaden zu.
Mineralisch
In Sachen Sonnenschutz empfehlen Hautärzte zum Griff von Produkten mit mineralischem Schutzfilter. Diese enthalten meist einen Lichtschutzfaktor von 20, bei extremen Bedingungen helfen entsprechende Kleidung oder Kopfbedeckung mit.
Quellen: gesundheit.gv.at, gesund.co.at, hautinfo.at