Ein Pionier verabschiedet sich

Gesund / 09.12.2021 • 10:20 Uhr
Ein Pionier verabschiedet sich
Thomas Baerenzung mit Harald Bertsch sowie René El Attal und Philipp Bichay (v.l.) LKBG/Mathis

Nach insgesamt knapp vier Jahrzehnten im Berufsleben hat Prim. Dr. Thomas Baerenzung, Leiter der Abteilung „Orthopädie und Unfallchirurgie“ am Landeskrankenhaus Bludenz, Ende Oktober verlassen.

Bludenz Der Mediziner hat das Bludenzer Departement für interdisziplinäre orthopädisch-unfallchirurgische Versorgung von Beginn an mitaufgebaut und geleitet: „Ich bin dankbar, dass es mir und meinem Team geglückt ist, in all den Jahren und unter den unterschiedlichsten Bedingungen vielen Menschen zu helfen. Die Unfallchirurgie hat da einen besonderen Stellenwert“, zieht Primar Baerenzung Bilanz.

Bestens vorbereitet

Nun wird es aber Zeit für die Pension. Das Team der „Orthopädie und Unfallchirurgie“ am LKH Bludenz wird künftig standortübergreifend mit dem LKH Feldkirch unter einem Primariat geführt. Standortleiter in Bludenz ist künftig OA Dr. Philipp Bichay: „Ich darf eine erstklassig aufgestellte Abteilung mit der Gewissheit übernehmen, von Thomas bestens vorbereitet und ausgebildet worden zu sein“, betont der geschäftsführende Oberarzt. In seiner neuen Funktion bildet Dr. Bichay künftig die Schnittstelle zwischen Feldkirch und Bludenz und ist direkter Ansprechpartner für die Mitarbeiter im Haus.

Teambesprechungen zwischen Dr. Philipp Bichay und Prim. Dr. Thomas Baerenzung standen vor dessen Pensionierung regelmäßig an. <span class="copyright">LKBG/Nussbaumer</span>
Teambesprechungen zwischen Dr. Philipp Bichay und Prim. Dr. Thomas Baerenzung standen vor dessen Pensionierung regelmäßig an. LKBG/Nussbaumer

Gesamtleiter über die Abteilungen „Orthopädie und Unfallchirurgie“ beider Häuser ist künftig Prim. Priv.-Doz. Dr. René El Attal, Primar des Fachbereichs für „Orthopädie und Unfallchirurgie“ am LKH Feldkirch. „Ich habe mit Primar Baerenzung in den vergangenen fünf Jahren hervorragend zusammengearbeitet“, bilanziert der künftig standortübergreifende Gesamtverantwortliche El Attal. „Er hat die Unfallchirurgie in Bludenz über Jahrzehnte aufgebaut und hervorragend strukturiert.“

Unfallchirurg der ersten Stunde

Seine Karriere in Bludenz hat Dr. Thomas Baerenzung am 26. März 1982 als Turnusarzt in der damaligen Abteilung für Urologie begonnen. Für seine Facharztausbildung hat er die Alpenstadt vorübergehend beruflich verlassen: „Ich möchte mich im Rückblick auf diese Ausbildungszeit besonders bei Herrn Prim. Dr. Hartmut Häfele bedanken“, sagt der frischgebackene Pensionist. „Er hat mir das Rüstzeug und den Pioniergeist für meine ‘Herausforderung Bludenz‘ mitgegeben“.

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Tragödie zum Beginn

Am 1. Februar 1995 ist Baerenzung ans Krankenhaus Bludenz zurückgekehrt – und geblieben. In diesem Jahr ist am damaligen Stadtspital Bludenz die Fachabteilung Chirurgie mit der Einrichtung einer „Unfallchirurgie“ um ein weiteres Versorgungsangebot ergänzt worden. Die Unfallchirurgie startete mit einem dreiköpfigen Team: einer Ambulanzschwester, einem Gipspfleger und dem jungen Facharzt Thomas Baerenzung. Als leitender Oberarzt war er von der ersten Stunde an dabei: „Mir wurden acht Betten zugeteilt, vier in der damaligen Pädiatrie und vier in der chirurgischen Abteilung“, erinnert er sich zurück. „Gleich im ersten Jahr waren wir mit einer Tragödie konfrontiert: Am 12. August 1995 ist auf der Arlbergstrecke im Klostertal ein Zug von der Mure weggerissen worden. Es gab mehrere Tote und zahlreiche Schwerverletzte. Wir waren damals die erste Anlaufstelle für die Versorgung.“

Interessant und kurzweilig

„Trotz der oft akuten und schwierigen Situationen, die ein rasches und gezieltes Handeln erfordern, ist die Unfallchirurgie auch ein dankbares Betätigungsfeld. Wir erleben Menschen aller Altersgruppen – Kinder oder betagte Patienten –, unabhängig von Geschlecht und Herkunft, unterschiedlicher Nationalität und Sprache. Dadurch kann es interessanter und kurzweiliger gar nicht sein; und die meisten Verunfallten sind nicht erkrankt, sondern verletzt. Das alles ergibt eine ganz andere Behandlungsperspektive und Befriedigung des täglichen Wirkens.“

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Zwei Jahre später wurde eine zweite Facharztstelle genehmigt, 1999 auf 16 Betten aufgestockt. „Primar Baerenzung hat in Bludenz echte Pionierarbeit geleistet“, unterstreicht die Bludenzer Chefärztin Prim. Dr. Ruth Krumpholz. „Er hat die Unfallchirurgische Abteilung aus dem Nichts aufgebaut und mit höchstem persönlichem Einsatz weiterentwickelt. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass es ohne ihn die Abteilung in dieser Form nicht geben würde.“

Stetiger Ausbau

In den Folgejahren ist die Abteilung kontinuierlich sowohl räumlich als auch personell gewachsen. Heute hat sich das LKH Bludenz als Kompetenzzentrum für Sport- und Freizeitunfälle etabliert. Die Abteilung „Orthopädie und Unfallchirurgie“ führt 20 Betten, behandelt jährlich durchschnittlich über 2000 Patienten stationär und fast 25.000 Patienten ambulant. Pro Jahr werden rund 1270 Operationen durchgeführt. Das Team besteht aus elf Ärzten, 18 Pflegefachkräften und acht Physiotherapeuten.

Enge Zusammenarbeit

2003 ist das Stadtspital in den Verbund der Vorarlberger Landeskrankenhäuser aufgenommen worden. Schon damals hat Bludenz eng mit dem LKH Feldkirch zusammen gearbeitet – etwa im Fall von schweren Traumen, die seit jeher gemeinsam mit dem Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch behandelt werden. Und mit der österreichischen Neuausrichtung in der Fachärzteausbildung sind auch am LKH Bludenz die Fächer der „Traumatologie“ und „Orthopädie“ zu einer Abteilung zusammengeführt worden. „Ich konnte eine immense Anzahl von Patienten behandeln und habe dabei im Laufe der Jahre verschiedenste Innovationen und Behandlungsvarianten anwenden können“, so Baerenzung.