Fasten bei der Krebstherapie

Gesund / 28.01.2022 • 11:45 Uhr

Forscher der Med-Uni Graz berichten von vielversprechenden Ergebnissen.

Graz In der Bekämpfung des Leberzellkarzinoms (HCC) kommt es immer wieder vor, dass Krebszellen Resistenzen gegen anfänglich gut wirkende Medikamente entwickeln. Die Folge: Patienten sprechen auf die Therapie nicht mehr an. Fasten könnte sich positiv auf die Behandlung auswirken, wie Forscher der Medizinischen Universität Graz im internationalen Team herausgefunden haben. Ihre jüngsten Studienergebnisse haben sie im Fachmagazin „Science Advances“ veröffentlicht.

Das Leberzellkarzinom gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen weltweit. Das Problem bei der Therapie dieses hepatozellulären Karzinoms ist, dass der Tumor schnell Möglichkeiten findet, sich anzupassen und gegen Chemotherapeutika resistent wird. Grazer Forscher suchen nach Wegen, das Therapieansprechen bei HCC zu begünstigen bzw. zu verstärken. Zuletzt hat ein Team rund um Andreas Prokesch vom Gottfried Schatz Forschungszentrum untersucht, ob Fasten auf die Krebstherapie unterstützend wirken könnte. Die Ergebnisse seien vielversprechend, teilt die Med-Uni Graz mit.

Wissenschaftlich beleuchtet

In den vergangenen Jahren hat sich der Stellenwert von Fasten stark verändert. Während es lange Zeit vor allem ein religiös und esoterisch verankertes Thema war, wird es seit einigen Jahren auch wissenschaftlich stärker beleuchtet und die positiven Auswirkungen des regelmäßigen Verzichts auf Nahrung in Studien verdeutlicht. Es zeigt sich, dass es neben der Gewichtsabnahme vor allem die Umstellung des Stoffwechsels ist, die sich durch das Fasten positiv auswirkt.

An der Med-Uni Graz untersucht Andreas Prokesch vom Lehrstuhl für Zellbiologie, Histologie und Embryologie das Fasten auf zellulärer Ebene: Sein Team konzentriert sich unter anderem auf die Frage, inwieweit der Nährstoffentzug die Mechanismen der Umprogrammierung der Genregulation beeinflusst. Man untersucht u. a. die Funktion des Transkriptionsfaktors und Tumorsuppressors p53, der eine wichtige Rolle in unterschiedlichen Stoffwechselorganen (wie Leber, Fettgewebe) zu spielen scheint. Eine mögliche Anwendung davon ist, die Aktivierung dieses Tumorsuppressors durch Fasten als Unterstützung der Krebstherapie einzusetzen.

Resistenzen umgehen

Zuletzt haben die Forschenden in Zusammenarbeit mit der Universität Utrecht und dem Max-Planck-Institut in Dresden die molekularen und metabolischen Vorgänge während der Behandlung von Krebszellen des hepatozelluläres Karzinoms erforscht. Die zielgerichtete Therapie von Krebs mit der Bekämpfung einzelner oder auch weniger Zielstrukturen auf oder in bösartigen Zellen hat hier ja in den vergangenen Jahren zwar Hoffnung aufkeimen lassen, allerdings zeigte sich, dass auch diese Mittel mit der Zeit an Wirkung verlieren. Die Grazer Forscher vermuten, dass die Veränderungen in der Zelle, die durch das Fasten hervorgerufen werden, dabei helfen können, diese Resistenzen zu umgehen.

Das Forscherteam hat getestet, ob Hungern die Wirkung von Sorafenib bei therapieresistentem HCC verstärken kann. Bisher war bekannt, dass der Wirkstoff, der unter anderem gegen Leberzell- und Nierenzellkarzinome eingesetzt wird, die Zellteilung stört und die Blutversorgung von Tumoren unterbindet, Tumorzellen werden daran gehindert, sich zu vermehren, und neu gebildete Zellen können nicht mehr an das Gefäßsystem angeschlossen werden.

Zelluläre Atmung

Wie die Forschenden der Med-Uni Graz zeigen konnten, hat Sorafenib einen weiteren Effekt, der auch in resistenten Zellen eine Rolle spielt: Es hemmt die zelluläre Atmung der Mitochondrien. Steht jedoch ausreichend Glukose als Energieträger zur Verfügung, können sich die Krebszellen jedoch trotzdem weiterhin teilen. „Wird Sorafenib aber gemeinsam mit Fasten – und damit Einschränkung von Glukose – angewandt, werden die beiden wichtigsten energieliefernden Mechanismen unterdrückt und das Tumorwachstum signifikant verlangsamt. Somit kann Fasten dabei helfen, die Entstehung von Resistenzen gegen Sorafenib zu verhindern beziehungsweise zu reduzieren“, fasst Andreas Prokesch zusammen.

In der Studie wurde die Effekte von Sorafenib und Fasten in isolierten Leberkrebszellen, in von Patienten gewonnenen Organoiden wie auch im lebenden Organismus von Mäusen erforscht.