Kommt der Corona-Strategiewechsel?
Neue Fakten lassen einen Strategiewechsel erwägen: Die Pandemie entwickelt sich in Richtung Endemie. Die Infektiosität der SARS CoV-2 Viren ist mit Omikron und dessen BA.2-Variante massiv angestiegen. Die Wahrscheinlichkeit, mit einer Infektion intensivpflichtig krank zu werden, hat für Genesene und/oder Geimpfte massiv abgenommen. Die natürliche, durch eine Infektion erworbene Immunität schützt durchschnittlich deutlich besser als die der Impfung und hält länger an. Auch stehen inzwischen medikamentöse Therapien zur Verfügung, und insgesamt hat die Medizin gelernt, besser mit Covid-19 umzugehen. Corona ist nicht mehr das, was es einmal war.
Die Kollateralschäden der Vermeidungsstrategie vor allem bei Kindern und Jugendlichen werden immer deutlicher. Die teilweise massiven Nachteile für die Wirtschaft und enormen Kosten der Pandemiebekämpfung müssen abgewogen werden. Aus meiner Sicht kann man die Quarantäne für Geimpfte und /oder Genesene deutlich verkürzen oder sogar bereichsspezifisch abschaffen.
Wie soll es Richtung Herbst weitergehen? Die gut 2/3 der Bevölkerung, die bisher eine Coronaimpfung erhalten haben, werden im kommenden Herbst/Winter keinen optimalen Schutz mehr haben. Alle Studien zeigen leider, dass der Impfschutz nach 4 bis 6 Monaten beginnt abzufallen. Eine 4. Impfung dürfte nach derzeitigem Stand der Wissenschaft nicht sinnvoll und unter Umständen sogar nachteilig sein. Die 145.000 Vorarlberger, die eine natürliche Infektion durchgemacht haben, werden in der nächsten Coronasaison wahrscheinlich gut geschützt sein. Die natürliche Infektion schützt auch unabhängig vom Alter. Das hat eine besondere Bedeutung für Kinder, bei denen der Impfschutz sehr rasch abfällt.
Ich kann nur Bill Gates zustimmen der kürzlich gesagt hat, dass „leider“ Omikron einen besseren Job macht als die Impfung. Vor allem erreicht Omikron alle, was die Impfung trotz großer Bemühungen nicht tut. Aber auch nach einer natürlich durchgemachten Infektion empfehle ich zusätzlich zwei Impfungen für eine breitere Immunität.
Müssen wir die Strategie ändern? Macht es Sinn, Infizierte ohne Symptome in Quarantäne zu schicken? Macht es Sinn, asymptomatische Personen zu testen? Was müssen wir mehr fürchten – die Kollateralschäden oder die Erkrankungen? Natürlich müssen vulnerable Personen nach wie vor besonders geschützt werden, wenn das bei dieser hohen Infektiosität überhaupt möglich ist. Pandemien und auch Epidemien verursachen unvermeidbar große Schäden. Wir haben jetzt bei geringer Auslastung der Intensivstationen die Qual der Wahl. Alle Prognosen sind problematisch. Die langfristig beste Strategie gegen alle Krankheiten ist ein gesunder Lebensstil.
„Die Pandemie-Erfahrungen lehren uns, dass die Infektiosität mit der Zeit zunimmt, die Krankheitslast abnimmt und die Bevölkerung zunehmend eine Grundimmunität, die teilweise schützt, entwickelt.“
Hans Concin
hans.concin@vn.at
Prim. a. D. Dr. Hans Concin, Vizepräsident aks Verein
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