Entzauberung der Künstlichen Intelligenz

Heimat / 09.02.2024 • 10:24 Uhr
Peter Reichl erläuterte in seinem zweistündigen, äußerst prägnant gehaltenen Vortrag auf eindringliche Weise, was hinter dem scheinbaren Zauber der Digitalisierung steckt.
Peter Reichl erläuterte in seinem zweistündigen, äußerst prägnant gehaltenen Vortrag auf eindringliche Weise, was hinter dem scheinbaren Zauber der Digitalisierung steckt.

Spannende Performance von Multitalent Peter Reichl im Theater am Saumarkt.

FELDKIRCH „Die Entwicklung der Digitalisierung der Welt hat in der jüngsten Zeit ungeheuer an Fahrt aufgenommen“, stellte Peter Bilger, Obmann des Kulturvereins Theater am Saumarkt, am vergangenen Samstag bei seiner Einführung des renommierten Referenten Peter Reichl klar.

 Mit der Curta-Rechenmaschine stellte Peter Reichl ein zu dieser Zeit bahnbrechendes Produkt vor, das in Mauren hergestellt wurde.
 Mit der Curta-Rechenmaschine stellte Peter Reichl ein zu dieser Zeit bahnbrechendes Produkt vor, das in Mauren hergestellt wurde.

Und er führte weiter durchaus kritisch aus: „Spätestens mit der Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 muss uns klar geworden sein, dass die Künstliche Intelligenz aus den Werkstätten und Laboratorien von Informatikern und den Fantasien von Science-Fiction-Autoren und -Autorinnen hinaus in die Realität gesprungen und in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen ist. Wie eine Flutwelle stürzt der digitale Fortschritt über uns herein, durchdringt zunehmend alle Lebensbereiche und macht auch vor dem Stolz des Homo Sapiens, dem Denken, nicht halt.“

Auch Elisabeth Bilger ließ sich auf die Herausforderung mit Dr. Nim ein.
Auch Elisabeth Bilger ließ sich auf die Herausforderung mit Dr. Nim ein.

Während von vielen Menschen die Digitalisierung als Wunderwaffe zur Lösung aller Probleme bis hin zur Klimakrise enthusiastisch gefeiert werde, halten sie andere für eine Ausgeburt der Hölle, die als Superintelligenz außer Kontrolle geraten, die Menschheit in ihrer Fortexistenz bedrohe: „Eine sachliche Diskussion über die Sinnhaftigkeit von Digitalisierung und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz wäre dringend notwendig, um die Zukunft nicht allein dem Markt und den Informatikern zu überlassen.“

Mario Wüschner wagte ebenfalls ein Spiel mit Dr. Nim.
Mario Wüschner wagte ebenfalls ein Spiel mit Dr. Nim.

Seele der Informatik sezieren

Peter Reichl ist ein Multitalent. Er hat Mathematik, Physik und Philosophie in München und Cambridge studiert, seit 2013 ist er ordentlicher Professor für Informatik und Leiter der Forschungsgruppe „Kooperative Systeme“ an der Universität Wien. Sein weites Themenspektrum umfasst das Internet bis hin zum Quantencomputing, wobei bei ihm jedoch immer die gesellschaftlichen Auswirkungen des Digitalen Wandels zentral stehen. Peter Reichl ist zudem Mitunterzeichner des Wiener Manifests für Digitalen Humanismus.

Das Publikum wurde immer wieder auf gelungene Weise einbezogen, hier bei der Komposition eines Walzers nach einer Idee von Wolfgang Amadeus Mozart, bei der das Zufallsprinzip zur Geltung kam.
Das Publikum wurde immer wieder auf gelungene Weise einbezogen, hier bei der Komposition eines Walzers nach einer Idee von Wolfgang Amadeus Mozart, bei der das Zufallsprinzip zur Geltung kam.

„Und abgesehen davon ist er ein ausgezeichneter Pianist und großer Opernfan, der als Klavierbegleiter bei Opernabenden aller Art auftritt“, erwähnte Peter Bilger die vielseitigen Interessen von Peter Reichl, der an diesem Abend von seiner Gattin, Marena Balinova, einer Opernsängerin, begleitet wurde.

Peter Reichl am Klavier und seine Frau, die Opernsängerin Marena Balinova, boten eine kurze, gemeinsame musikalische Einlage.
Peter Reichl am Klavier und seine Frau, die Opernsängerin Marena Balinova, boten eine kurze, gemeinsame musikalische Einlage.

In seinem Vortrag präsentierte er auf ungewohnt humorvolle, aber auch prägnante Weise, sein aktuelles Buch „Homo cyber. Ein Bericht aus Digitalien“. Dabei zeigte er auf, dass die Digitalisierung nicht nur eine technische oder kulturelle Frage darstellt, sondern vor allem auch eine politische.

Peter Bilger, Obmann des Theaters am Saumarkt und Moderator des Abends, im Gespräch mit Peter Reichl.
Peter Bilger, Obmann des Theaters am Saumarkt und Moderator des Abends, im Gespräch mit Peter Reichl.

Als geistige Weggefährten entpuppten sich neben Mathematikern und Erfindern von Rechenmaschinen Literaten und Philosophen wie Immanuel Kant, Günther Anders, Rainer Maria Rilke und Max Frisch. Letzterer diente auch mit seinem Buch „Homo faber“ als Inspirationsquelle – und dies nicht nur für den Titel. „Max Frisch hat in Homo faber versucht, die Seele des Ingenieurs zu sezieren, ich möchte dasselbe mit der Informatik machen“, erläuterte er seine Zugangsweise.

 Peter Reichl erläutert die Funktion einer Leibniz-Rechenmaschine.
 Peter Reichl erläutert die Funktion einer Leibniz-Rechenmaschine.

Ein einfaches Zufallsprinzip

„Um Technologien zu verstehen, muss man sie erst einmal entzaubern“, betonte Peter Reichl. Dies verdeutlichte er an einem einfachen Spiel, nämlich Dr. Nim, wozu er Leute aus dem Publikum aufforderte, teilzunehmen. „Die Plastikklappen sind nichts anderes als eine Null oder eine Eins. Dieses banal scheinende Spiel vermittelt uns die Idee, dass wir gegen Dr. Nim spielen. Aber in Wirklichkeit sind es wir, die dem Spiel eine Bedeutung zuordnen. Dies ist auch mit der Künstlichen Intelligenz der Fall. Rechnertechnologien fallen nicht vom Himmel, sie werden von Menschen gemacht. Zwischen Null und Eins liegen unendlich viele Grautöne und Farben, bei denen der Computer in nur auf einem Auge blind ist. Aber auch Chat GPT unterliegt einem einfachen Zufallsprinzip, das es zu entzaubern gilt.“ BI

Dipl. Ing. Nipp und Peter Reichl mit dem Spiel Dr. Nim.
Dipl. Ing. Nipp und Peter Reichl mit dem Spiel Dr. Nim.
Die erste Rechenmaschine nach dem Entwurf von W. Schickard aus 1623.
Die erste Rechenmaschine nach dem Entwurf von W. Schickard aus 1623.

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Umfrage: Was hat Sie beim heutigen Vortrag im Besonderen angesprochen?

Elisabeth Schwald, Bludenz: "Es war ein super spannender Vortrag. Peter Reichl hat aufgezeigt, worin die Verantwortung im Umgang mit der KI bestehen sollte. Es wäre wünschenswert, wenn dieses Wissen auf so einprägsame Weise, wie heute gezeigt, auch an den Schulen publik gemacht würde."
Elisabeth Schwald, Bludenz: "Es war ein super spannender Vortrag. Peter Reichl hat aufgezeigt, worin die Verantwortung im Umgang mit der KI bestehen sollte. Es wäre wünschenswert, wenn dieses Wissen auf so einprägsame Weise, wie heute gezeigt, auch an den Schulen publik gemacht würde."
Mario Wüschner, Egg: "Mich hat der Aspekt der Bildung beziehungsweise Unbildung, den Peter Reichl angesprochen hat, zum Nachdenken angeregt. Wissen bedeutet, Sachen zu hinterfragen und dies vor allem auch in Bezug auf die KI. Es ist gefährlich, wenn alles einfach hingenommen und akzeptiert wird."
Mario Wüschner, Egg: "Mich hat der Aspekt der Bildung beziehungsweise Unbildung, den Peter Reichl angesprochen hat, zum Nachdenken angeregt. Wissen bedeutet, Sachen zu hinterfragen und dies vor allem auch in Bezug auf die KI. Es ist gefährlich, wenn alles einfach hingenommen und akzeptiert wird."
Martina Baldauf, Bregenz: "Ich habe den Vortrag spannend, informativ und unterhaltsam gefunden. Peter Reichl spricht ein unglaublich wichtiges Thema an. Informatiker sind nicht nur der Technik, sondern auch der Gesellschaft verpflichtet. Diese Auseinandersetzung wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen."
Martina Baldauf, Bregenz: "Ich habe den Vortrag spannend, informativ und unterhaltsam gefunden. Peter Reichl spricht ein unglaublich wichtiges Thema an. Informatiker sind nicht nur der Technik, sondern auch der Gesellschaft verpflichtet. Diese Auseinandersetzung wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen."
Matthias Baldauf, Bregenz: "Der Vortrag von Peter Reichl öffnet die Augen, wie sehr wir alle von der Digitalisierung getrieben werden. Es bedarf eines Blicks für das große Ganze, das dahintersteht. Nur dadurch können von den Einzelnen Zusammenhänge erkannt werden. Es war insgesamt ein sehr spannender Vortrag."
Matthias Baldauf, Bregenz: "Der Vortrag von Peter Reichl öffnet die Augen, wie sehr wir alle von der Digitalisierung getrieben werden. Es bedarf eines Blicks für das große Ganze, das dahintersteht. Nur dadurch können von den Einzelnen Zusammenhänge erkannt werden. Es war insgesamt ein sehr spannender Vortrag."