Von der Villa Pludono zu Bludenz

Zweiter historischer Votrag im Rahmen von “Bludenz 2024” mit Historiker Alois Niederstätter zu Bludenz im Mittelalter.
BLUDENZ Auch der zweite Vortag im Rahmen von „Bludenz 2024“ mit dem Titel „Bludenz im Mittelalter – Vom Dorf zur Stadt“, der am vergangenen Montag in der Remise in Bludenz stattfand, zog wiederum zahlreiche Interessierte an. Als Vortragender konnte vom Stadtarchiv und dem Geschichtsverein Region Bludenz der renommierte Historiker Alois Niederstätter, der ehemalige Direktor des Landesarchivs Vorarlberg, gewonnen werden.

Überschaubares Gemeinwesen
„Bludenz war im 16. Jahrhundert eine Kleinststadt, die wenig erfreulich auch als ‚Minderstadt‘ bezeichnet wurde“, erläuterte der Referent eingangs. Es sei eher dem Zufall geschuldet, dass der Ortsname des Dorfes Bludenz, Villa Pludono, und der ihm zugehörigen Kirche in der Zeit um 842/843 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Nach der Völkerwanderung habe sich in Vorarlberg vor allem das Alemannische behauptet, was sich in der Benennung der Ortschaften und Täler im 9. Jahrhundert spiegle. Das südliche Vorarlberg und der Walgau, Vallis Drusiana genannt, gehörten zu dieser Zeit zum Churrätischen Reichstum, an das auch das Dorf Bludenz ein Zehent zu entrichten hatte.

Genealogische Zuordnungen gestalten sich schwierig, da bis ins 15. und 16. Jahrhundert ein ständiger Wechsel der Familiennamen durch „Übernamen“ erfolgt sei. „Da ist die Faktenlage für diese Zeit ist sehr prekär“, führte Alois Niederstätter weiter aus. Unweit der im heutigen Obdorf vermuteten Ansiedlung gründeten die Grafen von Werdenberg bald nach der Mitte des 13. Jahrhunderts eine kleine städtische Anlage. Die Sturnen- und Mühlgasse kamen erst später hinzu. Nach einer sukzessiven Erweiterung gelangte sie 1394/1420 an die Herzöge von Österreich. Es war ein überschaubares Gemeinwesen. Innerhalb der Mauern lebten bis in die Neuzeit kaum mehr als 500 Menschen. Sie bestritten ihren Lebensunterhalt vornehmlich durch die Landwirtschaft, in deren Rahmen auch der Weinbau Bedeutung hatte. Die erste Erwähnung als Oppidum, was „Stadt“ bedeutet, kann mit dem Jahr 1296 datiert werden. „Eine Stadt entsteht nicht innerhalb von drei Monaten, deshalb ist die Festlegung auf ein genaues Datum schwierig“, so der Referent.


Überregionaler Viehhandel
Die Stadtgründung erfolgte in erster Linie wegen des Handels und dem Markt sowie wegen militärischer Aspekte. So wurde auch die Burg Laurentius in die Verteidigung mit einbezogen. Bludenz wies einige sprachliche Besonderheiten auf, der Stadtrichter wurde beispielsweise Schultheiß genannt und ein Polizist als Stadtknecht bezeichnet. Die Steurer hoben Abgaben für die Infrastruktur des kommunalen Lebens ein. Das Stadtgericht Bludenz war für Stock und Galgen zuständig, somit für Strafen an Leibe und Leben im Sprengel, für die weitere Gerichtsbarkeit zeigten sich die Sonnenberger verantwortlich. Die Aufsicht über die Märkte hatten die zwölf Räte, es fanden sowohl Wochen- als auch Jahresmärkte statt. Diese dienten zur überregionalen Verteilung von Produkten und als Viehmärkte. Bludenz wurde ein Zentrum des überregionalen Viehhandels und bedurfte somit einer eigenen Gerichtsbarkeit für die Metzger. Das Rathaus wurde erst im 15. Jahrhundert errichtet. Das älteste erhaltene Siegel der Stadt Bludenz, ein Einhorn mit gesenktem Haupt, stammt aus dem Jahr 1329.

Prekäre Faktenlage
Bludenz war in erster Linie eine Verpflegungsstation, das örtliche Gemein- und Transportwesen profitierte von der Lage am Weg über Klösterling zum Arlenberg, dem Arlberg. Zum Einzugsgebiet der Stadt gehörte das Montafon, das die Bludenzer nicht nur wirtschaftlich dominierten, sondern auch als Sitz der Gerichtsbarkeit über die Talschaft. Mit den Appenzellerkriegen im 15. Jahrhundert folgten höchst unruhige Zeiten, die Herrschaftssysteme kollabierten. „Bludenz war nie der Nabel der Welt und ist es auch heute nicht. Rund um die Entstehungsgeschichte ranken sich viele Erzählungen, mehr Dichtung als Wahrheit sind“, merkte Alois Niederstätter humorvoll an. Er hoffe auf weitere Funde in den Kellern der Altstadt, damit sich die Geschichte des Mittelalters besser verifizieren lasse. BI
