“Von der Schuhfabrik zum kreativen Handwerkskünstler: Die inspirierende Geschichte des Ernst Ammann”

Heimat / 14.01.2025 • 14:26 Uhr
Ernst in seiner Stube mit der Zugkanone
Ernst Amann in seinem Wohnzimmer mit der Zugkanone.alo

Für den heute 91-jährigen Ernst Ammann war es schwierig, einen Beruf zu erlernen.

Götzis Aufgewachsen in einer kargen Zeit, sollte Paul Ammann auf Wunsch des Vaters die kleine Landwirtschaft mit ein paar Kühen übernehmen. Seine drei älteren Brüder erlernten die Berufe als Zimmermann, Installateur und Automechaniker und kamen deshalb dafür nicht mehr infrage. Bevor dies zum Tragen kam, arbeitete er nach der Grundschule im Winter zuvor noch bei der Schuhfabrik Pinguin in Götzis, um nicht zuletzt die Haushaltskasse aufzubessern.

Vom Schuhmacher zum Handwerkskünstler: Ein Leben voller Leidenschaft und Vielseitigkeit: An Detailreichtum nicht zu überbieten
An Detailreichtum ist das Werk nicht zu überbieten.

Es gefiel ihm da sehr. Man schätzte dort seine Allroundqualitäten und somit war dies für Ernst der Beginn eines Berufslebens, welches bis zu seiner Pensionierung halten sollte. Nach dem Absolvieren aller Produktionsschritte in der Schuhherstellung wurde ihm schließlich die Verantwortung für die Schuhfertigung übertragen. Für ein Auto hatte er sich zeitlebens nie entschieden.  Bis vor wenigen Jahren erledigte er seine Besorgungen und seine Ausflüge mit dem Fahrrad und dem selbst gefertigten Anhänger.

Vom Schuhmacher zum Handwerkskünstler: Ein Leben voller Leidenschaft und Vielseitigkeit : Vorderansicht
Auch die Vorderansicht der Zugkanone ist beeindruckend.

Dafür ähneln seine Garage und Kellerräume eher einem metallverarbeitenden Betrieb. Hier findet man eine Drehbank, Fräsmaschine, Bohrwerk und jede Menge Spezialwerkzeug vor, alles, was halt so ein Edelbastler benötigt. Wer sein selbst gemauertes Haus betritt, die selbst gebaute, aus Beton und Holz bestehende Wendeltreppe im Treppenhaus, den offenen Kamin und die vielen präzise gefertigten Gegenstände sieht, kann erahnen, was für ein Handwerker hier mit ihm „verloren“ gegangen ist.

Vom Schuhmacher zum Handwerkskünstler: Ein Leben voller Leidenschaft und Vielseitigkeit: Aufwendig gefertigte Beton/Holzstiege
Die aufwendig gefertigte Beton-/Holzstiege im Haus von Paul Amann.

Eines der auffälligsten Prunkstücke in seinem Wohnzimmer ist unübersehbar: Eine Nachbildung einer etwa 60 cm langen Zugkanone aus der Ära Napoleons beeindruckt durch ihre erstaunliche Detailtreue.

Aber nicht nur an der Technik hat er Gefallen gefunden. Nach Beendigung der Schule versuchte er sich zusammen mit einem Partner bei Radsportverein Hohenems mit Erfolg als Kunstradfahrer. Beinahe sieben Jahrzehnte ist er Mitglied beim Alpenverein in Götzis. Zahlreiche hochalpine Klettertouren unternahm er mit Kollegen, aber auch solo. Sein großer alpiner Steingarten und die vielen gesammelten Mineralien zeugen von seiner Liebe zur Natur.

Mit dabei auch einer seiner zahlreichen Fotoapparate. Die Fotografie beschäftigte ihn ganz besonders. So spezialisierte er sich unter anderem auf Themen wie Panoramafotografie und das Festhalten von Vögeln und Insekten im Flug. Dabei kamen seine eigenen, manchmal auch eigenwilligen Konstruktionen zum Einsatz. Um eine wirkungsvolle Panoramaaufnahme zu erhalten, scheute er keine Mühe. Mit Seil und Brustgeschirr gesichert und mit einer Säge ausgerüstet, schnitt er das störende Gehölz am Rand des Kapffelsens zurück. Für die erhöhte Aufnahmeperspektive diente ein selbstgebautes, mehrere Meter hohes Aluminium-/Carbonstativ. 

Vom Schuhmacher zum Handwerkskünstler: Ein Leben voller Leidenschaft und Vielseitigkeit: 10.000 Jahre altes Holz kam zur Anwendung
10.000 Jahre altes Holz wurde bei der Kanone verarbeitet.

Als Mitglied der Götzner Schützengilde, Sektion Vorderladerschützen, hatte er es nie auf sportliche Leistungen abgezielt. Vielmehr interessierten ihn die Waffen selbst. So fertigte er etliche von ihnen mit viel Aufwand und Liebe zum Detail selbst an. Nicht nur deshalb war er gern gesehen. Bei Um- und Neubauten auf den Schießständen, auch bei befreundeten Vereinen, wurden sein Wissen und seine Mithilfe geschätzt.

Nach dem Tod seiner Gattin und aufgrund seines hohen Alters körperlich geschwächt, aber geistig frisch, muss er nun seit geraumer Zeit kürzertreten. Wenn es das Wetter erlaubt, erfreut er sich an seinem Garten. Ansonsten sitzt er oft am Computer, um im Internet zu surfen oder in seinem digitalen Fotoarchiv die Vergangenheit Revue passieren zu lassen. ALO