Historische Wassernutzung für die Textilindustrie in Bürs

Heimat / 17.04.2025 • 14:23 Uhr
Der Illkanal führte hinter den Arbeiterhäusern zur Fabrik (Foto: Getzner Archiv)
Der Illkanal führte hinter den Arbeiterhäusern zur Fabrik.Getzner Archiv

Gleich zwei Kanäle sorgten für den Antrieb der Maschinen in der Lünerseefabrik.

Bludenz Es ist wohl das imposanteste Gebäude auf dem Bludenzer Talboden, die ehemalige Lünerseefabrik der Firma Getzner, Mutter & Cie. in Bürs. Errichtet in den Jahren 1836 bis 1838, sollte hier die Kapazität des Bludenzer Kernbetriebs ausgebaut werden. Ausschlaggebend für die Wahl des Standorts war neben der Nähe zur Zentrale in Bludenz vor allem die günstige Anbindung an die beiden Flüsse Alvier und Ill.

Nachdem die Fa. Getzner schon vor dem Bau der Lünserseefabrik die Wasserrechte am Alvierbach erworben hatte, wurde ein Kanal errichtet, der das Wasser des Alvier direkt zum Fabriksgebäude führen sollte. Damit das Dorf nicht durch den oberirdisch verlaufenden Kanal in zwei Bereiche getrennt wurde, errichtete man stellenweise Aquädukte, durch die man auf die andere Seite gelangen konnte. Die letzten Reste des Kanals mit seinen gemauerten Durchlässen wurden erst 2022 abgetragen, sodass die markanten Bogen bei der Judavollastraße inzwischen der Vergangenheit angehören.

Wasser für die Textilindustrie in Bürs: Der Abriss des Alvierkanals erfolgte 2022 (Foto: Gemeinde Bürs)
Der Abriss des Alvierkanals erfolgte 2022. Gemeinde Bürs

Nach einer ersten geplanten Vergrößerung des Industriegebäudes in den 1850er Jahren konnte mit dem Alvierkanal allein die Versorgung der Fabrik mit dem für den Antrieb der Maschinen nötigen Wasser nicht mehr abgedeckt werden. Daher begann man mit Überlegungen, die schwierige Situation durch einen zweiten Kanal, der von der Ill abgeleitet werden sollte, zu verbessern. Bis der Illkanal realisiert werden konnte, waren langwierige Verhandlungen nötig. Zum einen ging es um die Wasserrechte, zum anderen um Grundablösungen.

1858 konnte schließlich der Kanal fertiggestellt werden. Das Wasser für den Illkanal wurde bei der Wasserstufe auf Höhe der später gegenüber errichteten Klarenbrunnfabrik von der Ill abgeleitet, dann bis zur Illbrücke parallel zur Ill und danach nach einer Biegung hinter den Fabrikshäusern zur Fabrik geführt. Um die Kapazität des Illkanals zu erhöhen, plante Getzner, Mutter & Cie. Anfang der 1870er Jahre eine Erhöhung um vier Fuß und einen teilweisen Neubau, was letztlich erst nach neuerlichen mühevollen Gesprächen mit den beteiligten Gemeinden umgesetzt werden konnte. Im Zuge des Baus der Umfahrungsstraße wurden Ende der 1960er Jahre erste Teile des Kanals abgerissen, bis er innerhalb weniger Jahre ganz aus dem Ortsbild verschwunden war. OS